Kinderbetreuung vs. Karrierechance: Wenn Mutterschaft zu schaffen macht

Die von Bundeskanzler Karl Nehammer angekündigte Ausbauoffensive zur Kinderbetreuung mit 4,5 Milliarden Euro bis 2030 ist ein Lichtblick am Ende des Betreuungstunnels: Denn sowohl bei der frühkindlichen Bildung als auch beim quantitativen und qualitativen Ausbau der Kinderbetreuung hat ganz Österreich Handlungsbedarf. Wir haben uns bei Kärntner Unternehmerinnen umgehört – ein Stimmungsbild.

Für WKK-Vizepräsidentin Astrid Legner gibt es keine bessere Investition in die Zukunft, als jene in Kinderbildung in Kinderbetreuung. „Eine Mutter muss sich darauf verlassen können, dass die Kinderbetreuung dauerhaft angeboten wird, um eine Stelle im Ausmaß von 40 Stunden annehmen zu können oder sich selbstständig zu machen“, sagt auch Tanja Telesklav von Frau in der Wirtschaft Kärnten. „14 Wochen Ferien im Jahr sind untragbar.“

Auswirkungen auf Karriere und Pension

Dass die fehlende Kinderbetreuung und die dadurch resultierende Minderung der Arbeitszeit nicht nur Auswirkungen auf das Gehalt, sondern auch auf die Pension hat, ist den wenigsten bewusst. Besonderen Aufholbedarf sieht die Wirtschaftskammer Kärnten bei der Betreuungsquote der unter Dreijährigen – hier liegt Österreich deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Teilzeitarbeit oder längere Karenz reißen ein großes Loch in das Pensionskonto von Müttern – ein Zustand, der Spuren hinterlässt. „Die heimische Teilzeitquote mit Kindern unter sechs Jahren lag 2022 bei 71,6 Prozent – 38 Prozentpunkte unter dem EU-27-Schnitt“, weiß Legner.

Astrid Legner, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Kärnten
WKK-Vize Astrid Legner will Kärnten zum familienfreundlichsten Bundesland machen.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Wo stehen wir?

Kärnten beherbergt mehr arbeitende Mütter, als man vorerst annehmen mag. Ihre Stimmen sind (noch) leise, auch wenn der Ruf nach flexibler und leistbarer Kinderbetreuung immer lauter wird. Denn: Dass Frauen und Mütter einer erfüllenden Tätigkeit nachgehen möchten, ist noch nicht in allen Köpfen der Gesellschaft angekommen – auch die Kärntner Unternehmerinnen meinen: Kind und Karriere müssen sich vereinbaren lassen!

„Oft überlegen Selbstständige lange, ob sich die Arbeit mit der Familie vereinbaren lässt. Ich habe das Glück, dass meine Mutter bereits in Pension ist und mich tatkräftig unterstützt. Ich habe drei Kinder im Alter von 15 Jahren, 19 und 5 Monaten und es ist tagtäglich eine Challenge, alles unter einen Hut zu bekommen. Man ist in erster Linie Mama und hat schnell ein schlechtes Gewissen. Ich wünsche mir eine durchgehende Betreuung während der Sommerferien!“

Brigitte Truppe-Bürger von der Agentur Perfect
3-fach Mama Brigitte Truppe-Bürger wünscht sich eine Ausweitung der Betreuung während der Sommerferien.

Brigitte Truppe-Bürger, Inhaberin Agentur Perfect 

 

 

 

 

 

 

 

„Wenn du ein Kind hast, brauchst du ein Dorf – der Spruch hat eine absolute Berechtigung. Mein Sohn ist 5 Jahre alt und geht bis 14 Uhr in den Kindergarten – in dieser Zeit arbeite ich. Meine Vision: Mehr gegenseitiges Unterstützen, wenn man mal nachmittags oder abends arbeiten muss. Mein Tipp: Austauschen. Ausruhen. Auslagern. Auch wenn manchmal kein Weg am Ausrasten vorbeiführt!“

Simone Passegger
Unternehmerin Simone Passegger aus St. Veit wünscht sich mehr gegenseitige Unterstützung unter Müttern.

Simone Passegger, Yogalehrerin & Coach

 

 

 

 

 

 

 

„Meine Kinder gehen nach der Schule in den Hort. Kinder sind keine Puppen, die man in die Ecke stellen kann. Sie brauchen Aufmerksamkeit und Unterstützung, wollen gehört und ernst genommen werden. Die Herausforderung ist es, als Mutter eine gute Balance zwischen den eigenen Bedürfnissen, den Bedürfnissen der Kinder und der Familie und den Anforderungen im Job zu finden. Das ginge mit mehr Flexibilität bezüglich Homeoffice und mehr Pflegeurlaub.“

Verena Ogris, Projektmanagerin in der Wirtschaftskammer Kärnten.
Für Projektmanagerin Verena Ogris stehen die Bedürfnisse der Kinder im Vordergrund – und wie man sie mit dem Beruf vereinbaren kann.

Verena Ogris, Projektmanagerin in der Wirtschaftskammer Kärnten

 

 

 

 

 

 

 

„Ich habe meinen 1,5 jährigen Sohn in einer kleinen, privaten Krabbelstube vormittags untergebracht und versuche, Berufliches und Privates so gut wie möglich zu trennen. Am Vormittag widme ich mich meiner Arbeit, am Nachmittag versuche ich Qualitytime mit meinem Sohn zu verbringen. Bei mir gilt ‚Family first‘, auch wenn ich ohne einen gut strukturierten Terminplaner nicht auskomme!“

Werbeagentur-Inhaberin Linda Ghidini.
Unternehmerin Linda Ghidini aus Klagenfurt setzt auf strukturierte Planung und die strikte Trennung von Familie und Job.

Linda Ghidini, Inhaberin Werbeagentur lgcontent 

 

 

 

 

 

Sarah Al Hosini
Unternehmerin Sarah Al Hosini integriert ihren Sohn in ihre Arbeit.

„Meine Familie macht mich glücklich – genau so wie meine Arbeit. Es bedarf viel an Organisation und wenn die Familie nicht gleich um die Ecke wohnt, sowie bei uns, gibt es „Leih-Omas“, auf die ich zurückgreife. Diese gemeinsame Angewöhnung kann eine liebe Freundschaft für alle mitbringen. Und was ich mich nie gescheut habe: Mein Kind in meine Arbeit zu integrieren.“ 

Sarah Al Hosini, freie Rednerin

 

 

Kärnten: Das kinderfreundlichste Bundesland?

Mit dem gratis Kindergarten wurde ein großer Schritt in die richtige Richtung getan. „Eine ausreichende und hochwertige Kinderbetreuung ist ein Gewinn für alle Beteiligten“, so Legner. „Für die Kinder und ihre persönliche Entwicklung, für die Eltern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für die Gesellschaft, damit in Zukunft mehr weibliche Fach- und Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.“

Fotos: Antonia Baumgartner, Roman Huditsch, Sabine Steinschnack, KK, Pexels

M.U.T.letter

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