Trendforscher Stefan Carsten verrät, was uns in Zukunft bewegt

Wohin wird sich die Mobilität der Zukunft in Kärnten entwickeln? Mehr Homeoffice und die Klimaziele erfordern kreative Lösungen. Auch immer mehr Urlauber reisen öffentlich an. Was die Zukunft bringt, erklärte Keynote Speaker Stefan Carsten beim 2. Mobilitätstag in Pörtschach.

„Einer der wesentlichsten Treiber für diese Entwicklung ist die Art und Weise wie wir arbeiten“, betont Zukunftsforscher Stefan Carsten: Flexible Arbeitsmodelle ermöglichen schon heute das Arbeiten an viel mehr Orten“, so Stefan Carsten. Nicht zuletzt seit den Coronalockdowns ist Homeoffice allgemein akzeptiert. Darüber hinaus gibt es aber noch viel mehr: Shared Desks, Co-Working Spaces, Arbeiten am Urlaubsort, vom Ausland aus – die Möglichkeiten sind vielfältig geworden.

„Monofunktionale Räume geraten immobilienwirtschaftlich unter Druck.“ Zukunftsforscher  Stefan Carsten

Das hat Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft: „Monofunktionale Räume geraten immobilienwirtschaftlich unter Druck“, betont Stefan Carsten. „Separate Wohn- und Arbeitsviertel zu errichten war früher, jetzt wird die gemischte Nutzung für Leben und Arbeiten immer interessanter.“

wie bewegen wir uns in der Zukunft? das Publikumsinteresse war groß.
Großes Interesse weckte der zweite Kärntner Mobilitätstag am Wörthersee.

Die 15 Minuten-Stadt

Konzepte gibt es dazu längst, der Kernpunkt sind kurze Wegstrecken. Alle wesentlichen Funktionen wie Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Erholung, Verwaltung, Gesundheit und Bildung sind im Quartier fußläufig oder mit dem Fahrrad leicht erreichbar. Die Abhängigkeit vom Auto und langen Fahrtzeiten reduziert sich damit. In Österreich ist das beispielsweise in Neubaugebieten wie der Seestadt Aspern oder im Sonnwendviertel in Wien bereits umgesetzt.

DR. STEFAN CARSTEN

ist Zukunftsforscher und Stadtgeograf. Er ist Experte für die Megatrends Mobilität und Urbanisierung. Er unterstützt als Berater und Autor Transformationsprozesse zur nachhaltigen, zukunftsfähigen Stadt- und Mobilitätsgesellschaft.

https://www.stefancarsten.net/

Stadtraum verändert sich

„Große Plätze, die in den letzten Jahrzehnten nur noch als Durchzugstraßen oder Parkplätze genutzt wurden, können wieder zu Plätzen für die Menschen werden“, betont Carsten. Dies belebe das Einkaufsverhalten vor Ort. Dabei schaut man gern auf aktuelle Beispiele aus Großstädten wie Wien oder Mailand. Aber bereits 1961 entstand in Klagenfurt die erste Fußgängerzone Österreichs. Den Bereich zwischen Altem Platz und Wiener Gasse kann man sich heute auch gar nicht mehr anders vorstellen.

Viel mehr Mobilitätsanbieter kommen selbst in kleinere Städte: Carsharing Anbieter, E-Scooter, E-Bikeverleih, Sammeltaxis und der immer besser ausgebaute ÖPNV etwa. Auch das Umland kann von neuen Mobilitätsanbietern profitieren: In der Schweiz wurde in der Gemeinde Berg im Umland von St. Gallen mit Carsharing eine eingestellte Buslinie ersetzt. Diese Region setzt besonders auf E-Bike und E-Scooter Sharing.

Boom bei Fahrrädern

Die Nutzung des Fahrrades nimmt dabei stark zu und entsprechend auch die Verkäufe. Gerade die E-Bikes sorgen für einen gewaltigen Boost im Fahrradhandel. So wurden in Österreich zwischen 2018 und 2022 rund 480.000 Fahrräder pro Jahr verkauft. E-Bikes kosten durchschnittlich 4.169 Euro und sind für den Fahrradhandel ein wesentlicher Umsatzbringer. 74 Prozent des Gesamtumsatzes stammen von E-Bikes.

Weniger Auto

In Großstädten ist der Trend schon deutlich zu sehen: In Hamburg geht man von einer Zunahme von ÖPNV, Fußgängern und Radfahrern auf 80 Prozent aus. Entsprechend wird 2030 der Anteil der Autos nur noch 20 Prozent vom Verkehrsaufkommen (derzeit noch 32 Prozent) betragen. „Entsprechend muss sich im öffentlichen Raum die Verteilung von Verkehrsflächen ändern: Mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer und weniger für die Autos“, sagt Carsten. „Es ist nicht zielführend noch eine weitere Fahrradspur und damit noch mehr Natur zu versiegeln – weniger genutzte Straßen können verschmälert und freigewordener Raum als Radweg genutzt werden.“

Neue Mobilität ist keine Zukunftsmusik sondern längst da.
Die neue Mobilität konnte am Monte-Carlo-Platz in Pörtschach auch gleich getestet werden.

Was wollen die Jungen?

Wo geht dabei sprichwörtlich die Reise für die Jugend hin? Denn das Mobilitätsverhalten ändert sich gerade rasant. „Der Generation Z sind Flexibilität, Unabhängigkeit und Freiheit besonders wichtig. Schon jetzt ist ein Trend auszumachen, dass viele junge Menschen gar keinen Führerschein mehr machen und lieber öffentliche Verkehrsmittel nutzen.“

Auch das Auto wird weiter eine Rolle spielen, aber bei der Antriebsart sieht Carsten aufgrund der Effizienz nur eine Möglichkeit: „Es geht in Zukunft definitiv in Richtung Batterie. Batteriespeicher werden sich signifikant weiterentwickeln und die Mobilität in 20-30 Jahren wird sehr viel sicherer, inklusiv und nachhaltig sein und alle werden davon profitieren“, so der Zukunftfsforscher.

Der 2. Kärntner Mobilitätstag am Wörthersee

der Wirtschaftskammer Kärnten beleuchtete die Möglichkeiten, wie wir uns in Zukunft nachhaltiger bewegen und wirtschaften können und lud auch zum praktischen Testen neuer Verkehrsmittel ein.

www.mobilitaetstag.at

Fotos: Dietmar Wajand, Peter Just

Quellen:

E-Bike-Boom:

https://www.wko.at/branchen/handel/mode-freizeitartikel/fakten-zur-oesterreichischen-fahrradindustrie.pdf

Mobilitätsveränderung in Hamburg:

https://www.hamburg.de/bvm/medien/17104782/2023-05-08-bvm-mobilitaetswende

M.U.T.iger

Klagenfurt ist eine Landeshauptstadt von internationalem Format: Straßen wie in der Mongolei und eine Wasser­versorgung wie im Tschad.

M.U.T.letter

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