Markowitz: „Eine Tourismusdestination muss hybrid agieren“

Seit November 2023 hat die Veldener Tourismusgesellschaft einen neuen Geschäftsführer. Der Neue ist ein alter Bekannter.  Er lenkte viele Jahre die Marketinggeschicke im Casino Velden. Mit Hannes Markowitz sitzt nun ein visionärer Steuermann am Ruder des bekanntesten Ferienortes am Wörthersee. Er strotzt vor Ideen und hat ganz viel vor. In unserem M.U.T.-Gespräch beschreibt er auch wichtige Skills, die im Management und im Tourismus unerlässlich geworden sind.

M.U.T.: Nach deiner Führungsrolle bei den Casinos und im Glock-Konzern bist du als beruflicher Kärnten-Rückkehrer wieder in Velden. Wie geht’s dir als neuer Geschäftsführer der Veldener Tourismus GmbH?

Hannes Markowitz: Es fühlt sich sehr gut an. Zu Velden und der Region hatte ich schon immer eine ganz besondere Beziehung. Beruflich durfte ich 13 Jahre lang die Entwicklung des Casinos mitgestalten. Gleichzeitig ist Velden seit 2009 der Lebensmittelpunkt für mich und meine Familie. Ich bin in Oberkärnten aufgewachsen und meine Eltern haben dort einen Elektrogroßhandel und ein Leuchtenproduktionsunternehmen aufgebaut. Dennoch fühlte ich mich mit Velden immer schon emotional verbunden. Das erste Eis der Saison, spannende Tagesausflüge mit Familie und Freunden, das Leben am See und später das Veldener Tag- und Nachtleben, haben mich immer schon begeistert. Beruflich bin ich in den letzten 25 Jahren viel in der Welt herumgekommen. Ich hab in unterschiedlichen Branchen und in leitenden Management-Funktionen gearbeitet. Nun glaube ich, ist es an der Zeit, diese vielen Puzzle-Steine und Skills zu einem Gesamtbild zu formen.

Und das ist auch schon die Brücke, die ich zu meiner Tätigkeit im Tourismus schlagen möchte. Denn ich glaube, es geht vielen unserer Tagesgäste ebenso wie mir damals. Zuerst kommen sie z.B. auf ein Eis und entdecken dabei die Besonderheiten und den Reiz des Ortes. Sie bauen erste soziale Kontakte auf. Und dann kommen sie als Urlaubsgäste, Kunden, Mitarbeitende oder sogar als UnternehmerInnen wieder. So sollte ein lebendiger Ort mit erfolgreichem Tourismus funktionieren.

Es ist für mich auch der richtige Zeitpunkt, um Verantwortung für den Tourismus zu übernehmen. Vor allem in Hinblick auf die komplexen Herausforderungen vor denen Kärnten gerade steht. Ich glaube es ist uns allen bewusst, wie sich eine Krise anfühlt. Sie bietet aber auch einzigartige Chancen. Vor allem dann, wenn wir bereit sind unsere Kräfte zu bündeln. Die Bahnstrecke nach Graz und Wien wird sich für unsere Urlaubs- und Ausflugsgäste deutlich attraktivieren. Ein Tunnel ist eine Öffnung im Berg mit zwei Ausgängen. Wenn wir jetzt Gas geben und die richtigen Entscheidungen treffen, werden Velden und der Zentralraum rund um den Wörthersee von dieser Entwicklung nachhaltig profitieren. Dazu haben wir ein knappes Zeitfenster, das wir nützen müssen.

In der Ortsraumentwicklung werden jetzt Projekte und Betriebsansiedelungen möglich, die vor zehn Jahren so noch nicht denkbar waren. Damals hätten uns die schönsten Ideen wenig genützt, weil der Druck nach Erneuerung und Schaffung von touristischer Ganzjahres-Infrastruktur noch zu wenig gefordert wurde. Jetzt oder nie und nicht irgendwann! So lautet mein Motto.

Was ich raushöre ist, dass du das Aufgabengebiet im Tourismus breiter definierst. Wo siehst du, abseits vom klassischen Tourismusbild, noch weitere Chancen für Velden?

Ich sehe ein großes Ganzes. Der Tourismus, speziell am Wörthersee, befindet sich im größten Wandel der letzten 60 Jahre. Das globale Angebot ist vernetzt, die Gäste sind tagesaktuell informiert und haben einen äußerst hohen Anspruch. Gleichzeitig nimmt die Kurzfristigkeit bei der Urlaubsplanung rapide zu. Die Planbarkeit für Destinationen mit einem spitzen saisonalen Angebot steht dabei vor einer großen Herausforderung.

Wir werden Destinationen neu denken. Einen Lebensraum schaffen, der Urlauber und Einheimische gleichermaßen anspricht und die Entwicklung eines Ganzjahrestourismus als Kernaufgabe unserer Anstrengungen sehen. Wir werden Themen entwickeln, die glaubhaft mit unserem Angebot übereinstimmen – hier wird der Mensch und seine Resonanz zu seiner Umgebung eine entscheidende Rolle spielen.

Gemeinsam mit meinem erfahrenen Team in der VTG (Veldener Tourismusgesellschaft) arbeiten wir in engem Austausch mit der Region Wörthersee. Dabei ist die Wertschöpfung im Ort die wesentliche Maßeinheit für unsere erfolgreiche Arbeit. Wenn bei den Betrieben „die Kasse klingelt“, stehen uns auch zukünftig viele Möglichkeiten und Entwicklungsfelder offen. Ich denke und arbeite sehr intensiv mit meinem Team an Stadt- und Ortsentwicklungsthemen, an der Entwicklung neuer Tourismusprodukte zur Saisonverlängerung, dem Ausbau urbaner Angebote, u.v.m.

Dabei hilft mir mein beruflicher Erfahrungsschatz aus Architektur und Lebensraumentwicklung, Erlebnis- und Veranstaltungsmarketing, Industrie und Energieversorgung und erlaubt mir jetzt einen ganz anderen Blick auf meine Arbeit für Velden, um gestalterisch und effizient zu arbeiten.

Management liegt dir spürbar im Blut. Du bist auch im Vorstand des Management-Club Kärnten. Was zeichnet aus deiner Sicht zeitgemäßes Management aus?

Ich glaube, man darf sich nicht mehr auf Erreichtem ausruhen. Dafür ist die Zeit viel zu schnelllebig. Der Abschluss jedes erfolgreichen Projekts ist auch gleichsam schon wieder der Start zu Neuem. Ich kann nur für mich selbst sprechen. Gerade im Tourismusmanagement geht es darum, auch aus anderen Branchen zu lernen. Und das Gelernte zu transferieren. Tourismus erfordert das Verstehen von den Lebensgewohnheiten der Menschen in ihrem Alltag. Hier gibt es viele Dinge, die dann auch im Urlaub vorausgesetzt werden. Ganz gleich ob im Bereich der Mobilität, beim Genuss, im Freizeitverhalten oder aber im Wechselspiel zwischen Arbeit und Freizeit. „Workation“ ist eine neue Urlaubsform, die wir noch viel zu wenig umsetzen. Ein interessanter Aspekt, um z.B. die Saisonzeiten zu verlängern. Und so gibt es viele kleine Maßnahmen, die wir schon jetzt setzen können, um attraktiv für neue Zielgruppen zu sein.

Ich glaube, dass wir auch lernen müssen, mit der hohen Schlagkraft und der Kurzfristigkeit beim Buchungsverhalten sowie der Spontaneität umzugehen. Mein Ziel ist die touristische Lebensraumentwicklung – für ALLE. Wir entwickeln Neues nur noch für Gäste und Einheimische gleichermaßen. Das Angebot des Veldener-Advents ist dabei ein sehr greifbares Beispiel. Gäste und Einheimische sind gleichermaßen erfreut und wir erzielen damit die größtmögliche Wertschöpfung für unsere Betriebe. Eine Tourismusdestination der Zukunft muss hybrid agieren, aber ich denke, dass gilt zukünftig für viele Bereiche der Wirtschaft. Die Notwendigkeit von Agilität in unserem Handeln ist gekommen, um zu bleiben. Dazu werden wir die richtigen Lösungen finden und umsetzen, um Velden und die Region in eine erfolgreiche Zukunft führen.

M.U.T.letter

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