Next Generation: wir übernehmen, aber nur freiwillig!

Die Herausforderungen der Unternehmensnachfolge sind für die NextGen in Familienbetrieben deutlich spürbar. Sie setzen auf individuelle Entscheidungen, neue Impulse und eine offene Kommunikation, um die Betriebe nachhaltig in die Zukunft zu führen. Wir haben 4 UnternehmerInnen gefragt, wie ihre Erfahrungen mit der Betriebsübergabe waren, welche Hürden es gibt und was man besser machen könnte.

Stefanie Brunner versetzt Berge

Mit nur 21 Jahren ist Stefanie Brunner unerwartet Chefin in einer klassischen Männerdomäne geworden: Erdbauarbeiten und Transportwesen. Sie ist zwar mit den Baggern groß geworden, aber der unerwartete Tod ihres Vaters hat alles verändert. Sie hat als junge Frau die Zügel des Brunner Erdbau-Transporte Unternehmens aus St. Andrä im Lavanttal in die Hand genommen und den Männern gezeigt, wo es langgeht. Schwierig, aber nicht unmöglich, wie die mittlerweile 34-jährige Unternehmerin erfolgreich bewiesen hat.

Sie ist mit ganzem Herzen Unternehmerin, wobei sie verstehen kann, warum viele diesen Schritt nicht mehr wagen. Sogar ihr Vater wollte ursprünglich nicht, dass sie das Familienunternehmen übernimmt – sie sollte es leichter haben! Denn Unternehmertum bedeutet auch Stress, Verantwortung und Druck in Kombination mit einem eklatanten Fachkräftemangel. „Es braucht Leute, die anpacken wollen, und viele wollen nicht mehr“, fasst sie zusammen und meint damit sowohl ArbeitnehmerInnen wie ArbeitgeberInnen. Die Lösung: Hilfe des Staates dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, aber auch eine gesamtgesellschaftliche Veränderung der Arbeitsmoral, denn Arbeit kann sinnstiftend sein und im wahrsten Sinne des Wortes Berge versetzen!

Vier UnternehmerInnen erzählen, wie ihre Erfahrungen mit der Betriebsnachfolge waren, welche Hürden es gibt und was man dagegen tun muss.
Stefanie Brunner, junge Unternehmerin in einer Männerdomäne

Anton Ruhdorfer hat Holz im Blut

Das 100-jährige Jubiläum des Familienunternehmens steht kurz bevor und passenderweise auch die Übergabe an die nächste Generation. Es wird die 4. Generation sein, die das Familienunternehmen Bruno Ruhdorfer GmbH, Holzhandel/Sägewerk in Straßburg im Gurktal fortführen wird. Das klingt nach viel Tradition und noch mehr Verantwortung! Anton Ruhdorfer, 29 Jahre, ist nach vielen Jahren in Wien wieder zurück nach Kärnten gekommen, um sich dieser großen Herausforderung zu stellen – freiwillig, wie er betont. Natürlich lastet die Jahrhunderte alte Tradition auf den Schultern der nächsten Generation, aber seine Eltern haben ihm und seinem Bruder diesen Schritt immer offengelassen und er geht ihn mit Stolz (auf Holz).

Er hat sich nicht nur in den Betrieb eingearbeitet, sondern sich in Kärnten auch wieder gut eingelebt und vernetzt, der Kulturschock von der Großstadt zurück aufs Land war jedoch heftig. Das ist seiner Meinung nach auch einer der Gründe, warum viele nicht zurück in den elterlichen Betrieb wollen. Mehr Vernetzung untereinander würde sicher helfen und man müsse die junge Generation ans Ruder lassen, um frischen Wind in den ländlichen Raum zu bringen.

Vier UnternehmerInnen erzählen, wie ihre Erfahrungen mit der Betriebsnachfolge waren, welche Hürden es gibt und was man dagegen tun muss.
Anton Ruhdorfer feiert bald 100-jähriges Firmenjubiläum

Eva Sommer hat das Steuer fest in der Hand

Sie hat von Anfang an in der elterlichen Fahrschule Sommer in Villach mitgearbeitet, sei es als Sommerjob, neben dem Studium oder als Urlaubsvertretung. Den Betrieb zu übernehmen war trotzdem nicht geplant und wurde von den Eltern auch nie eingefordert. Am 1. Juni 2018 hat sie es dann doch getan – und wie! Sie hat nicht nur den Betrieb vom Vater übernommen, sondern auch gleich eine Standortverlegung auf den Bahnhofplatz samt Gesamtmodernisierung des Betriebes vorgenommen. Wenn, dann g’scheid!

So einfach war es dann aber im Hintergrund doch nicht: Die Übergabe war aufgrund von bürokratischen, rechtlichen und steuerlichen Hürden sehr herausfordernd. „Für so einen Prozess braucht man professionelle Unterstützung und Beratung, das wird total unterschätzt, vor allem auch auf zwischenmenschlicher Ebene“, meint Eva Sommer und unterstreicht damit die Studienergebnisse der Julius Raab Stiftung zur Next Generation. Die Übergabe bedeutet auch, dass die eine Generation loslassen und die andere sich in die neue Führungsrolle hineinfinden muss. Dafür braucht es mehr Bewusstsein und Aufklärung.

Vier UnternehmerInnen erzählen, wie ihre Erfahrungen mit der Betriebsnachfolge waren, welche Hürden es gibt und was man dagegen tun muss.
Eva Sommer leitet eine der modernsten Fahrschulen Kärntens.

Christoph Frierss geht’s um die Wurst

Rudolf Frierss hat vor 125 Jahren mit einem kleinen Betrieb als Wursterzeuger Villachs begonnen und ihn laufend weiterentwickelt. Jede Generation hat ihren Beitrag dazu geleistet, dass sich der kleine Betrieb zu einem international tätigen Unternehmen entwickeln konnte. Die Entscheidung, in diese großen Fußstapfen zu steigen, hat Christoph Frierss, 31 Jahre ganz bewusst, selbstbestimmt und ohne elterlichen Druck gefällt. Bevor er ins Familienunternehmen eingestiegen ist, hat er sich vielseitig ausgebildet und Erfahrungen in anderen Unternehmen sammeln können. Jetzt widmet er sich voll und ganz dem Familienbetrieb und fliegt dafür schon mal bis nach Japan.

Hinter dieser Bilderbuch-Betriebsübergabe steckt viel Engagement der beteiligten Protagonisten, etwa bewusst in den Dialog zu gehen, einen konkreten Übernahmeplan zu gestalten und sich auch professionelle Beratung zu holen. Am wichtigsten sei aber die freie Entscheidung zur Betriebsnachfolge:

„Meines Erachtens ist das wesentliche Element für eine erfolgreiche Generationenfolge, dass die Unternehmensnachfolger die Möglichkeiten haben, sich selbst dafür zu entscheiden“, so Christoph Frierss.
Vier UnternehmerInnen erzählen, wie ihre Erfahrungen mit der Betriebsnachfolge waren, welche Hürden es gibt und was man dagegen tun muss.
Christoph Frierss, die nächste Generation des Wurst-Imperiums

Auf die Frage, warum die Zahl der BetriebsnachfolgerInnen sinkt, gibt es eine schnelle Antwort: die viel geliebt-hasste „Life-Work-Balance“. Junge Menschen wägen heute sehr genau zwischen Einkommen & Aufwand ab. Denn Selbstständigkeit bedeutet ja nicht automatisch viel Geld, sondern erst mal viel Verantwortung. Die Vorteile einer selbstständigen Erwerbstätigkeit geraten hier ins Hintertreffen: wie beispielsweise Kreativität ausleben zu können, eigene Ideen umzusetzen oder mehr Flexibilität und Selbstbestimmung.

Die Betriebsnachfolge hat sich emanzipiert

Stefanie Brunner, Anton Ruhdorfer, Eva Sommer und Christoph Frierss zeigen, dass das Erbe eine Mischung aus Tradition, Leidenschaft und neuen Ideen erfordert. Sie übernehmen erfolgreich Unternehmen in Branchen von Transport über Holz bis hin zu Wurstwaren, trotz bürokratischer Hürden und gesellschaftlicher Erwartung. Dabei setzen sie auf individuelle Entscheidungen, neue Impulse und eine offene Kommunikation, um die Betriebe nachhaltig in die Zukunft zu führen. Wichtig ist für alle: Die Übergabe muss freiwillig erfolgen, damit die neue Generation ihren eigenen Weg gestalten kann.

Warum diese positiven Beispiele so wichtig sind und warum wir viel mehr dieser Next Generation brauchen, kannst du in diesem Artikel nachlesen:

Familienbetriebe ohne Nachfolger: Was ist mit der Next Generation los?

Fotos: Titelbild – Ian Schneider, Stefanie Brunner – Markus Traussnig, Anton Ruhdorfer – Bruno Ruhdorfer GmbH/KLZ, Eva Sommer, Christoph Frierss – Martin Hoffmann

M.U.T.letter

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