Der Oberösterreicher Florian Gschwandtner gründete 2009 mit drei Kollegen das weltbekannte Unternehmen Runtastic. Heute zählt Runtastic mit seinen über 150 Millionen registrierten Nutzern zu einer der erfolgreichsten Fitness-Apps der Welt. Nach dem Verkauf des Unternehmens an Adidas zog sich Florian Gschwandtner Ende 2018 aus seiner Funktion als CEO aus dem Unternehmen zurück. Als Buchautor, Seriengründer und TV-Juror gibt er jedoch schon längst wieder auf allen Ebenen Vollgas.
2015 wurde das Erfolgsprojekt Runtastic um 220 Millionen Euro an adidas verkauft. Wer annimmt, dass sich Florian Gschwandtner nun zurücklehnt, kennt den umtriebigen Oberösterreicher nicht besonders gut. Denn mit seinem Ausstieg aus dem adidas-Konzern startete er erst richtig durch. Schon in seinem Buch „So läuft Startup“ gibt er nicht nur Einblicke in die harte Aufbauarbeit seines erfolgreichen Tech-Startups, sondern erzählt auch viel über private Hintergründe und verrät Erfolgsrezepte.
War das Loslassen für Florian schwer?
Angesprochen auf seinen Ausstieg und das Loslassen von seinem „Baby“ antwortet er ausführlich: „Es war eigentlich gar nicht so schwer, weil ich mich gut darauf vorbereiten konnte. Ich hatte ja schon ein Jahr vorher gewusst, dass ich das Unternehmen verlassen werde. Und das Wichtigste ist immer, wenn man was zu Ende bringt, dass man dann gut überlegt, wie es danach weitergeht. Sowohl für dich selbst, als auch für das Unternehmen. Wir hatten dazu bei Runtastic ein Managementteam aufgebaut und auch ich habe ganz klar gewusst, was in den nächsten sechs Monaten kommen wird. Das ist gut vergleichbar mit dem Laufsport. Mit einem Marathon. Denn viele überlegen sich vorher nicht, was danach kommt, wenn sie zum ersten Mal die Ziellinie überqueren. Sie fallen vielfach in ein Loch, weil sie gar nicht mehr wissen, wie es weiter geht.“
Florian Gschwandtner zählt in Österreich zu den Pionieren der Startup-Szene. Schon während seinem Studium in Hagenberg und Steyr arbeitete er mit Freunden und Studienkollegen an diversen Projekten. Und zwar lange, ehe es eine echte Startup- oder Gründerkultur gab. Angetrieben von einer Aufbruchstimmung durchlebten sie damals eine intensive Zeit. Dazu wollten wir von ihm wissen, ob er denn diese „Goldgräberstimmung“ der Anfangszeiten heute vermisst?
Vermisst du die Goldgräberstimmung der Anfangszeit?
„Ja, ich weiß jetzt nicht, ob vermissen das richtige Wort ist. Aber es ist natürlich anders. Weil es damals so war: wir hatten gar nix. Weder finanziell noch eine Ahnung. Wir Gründer hatten zwar ein gutes Studium und eine sehr gute theoretische Ausbildung. Und ich glaube, zusätzlich habe ich einen guten Hausverstand vom elterlichen Bauernhof mitbekommen. Aber dieses learning by doing, alles das erste Mal machen – das erste Mal einen Zeitungsartikel zu bekommen, das erste Mal von Apple gefeatured zu werden, das erste Mal nach Amerika zu fliegen, um dort jemanden zu treffen – das war schon etwas ganz Besonderes und Motivierendes. Und auch nicht wirklich selbstverständlich zu der damaligen Zeit für einen Mitzwanziger aus dem Mühlviertel (Oberösterreich). Natürlich sind dieses Kitzeln und die Nervosität heute ein bisschen weg. Auf der anderen Seite baue ich ja wieder viele neue Projekte auf, was auch sehr spannend und herausfordernd ist. Ein Beispiel ist Leaders21. Da lerne ich gerade in einem komplett anderen Umfeld, wie es ist, wenn man wieder von vorne startet.“
Was uns auch schon direkt zur nächsten Frage bringt. Was treibt Florian Gschwandtner eigentlich heute so den ganzen Tag über, abseits vom Schreiben seines Buches oder dem Mitwirken als TV-Juror beim österreichischen TV-Format „2 Minuten – 2 Millionen“? Welche Projekte treiben ihn so an?
„Also das sind gar nicht so wenige. Aktuell bin ich bei über 40 Startups beteiligt, die meisten davon in Österreich und Deutschland und habe Investments in 15 Venture-Capital Funds. Doch viel spannender finde ich die Projekte, wo ich selbst operativ mitwirke: Ich habe z.B. schon während der Zeit bei Runtastic auch tractive mitgegründet. Da sind Michael Hurneis und Wolfgang Reisinger mit mir in der Geschäftsführung. Da machen wir GPS-Tracking für Hunde und Katzen und sind Weltmarktführer. Wir haben über 220 Mitarbeiter*innen, da bin ich auch strategisch mit eingebunden. Und auch bei weiteren meiner Beteiligungen bin ich im Management-Board. Bei hello again zum Beispiel, gemeinsam mit einem ehemaligen Mitarbeiter. Oder bei Woom, das sind die Kinderfahrräder aus Klosterneuburg. Ich habe einmal in der Woche ein Board-Meeting und teile mir einige meiner Beteiligungen aber auch mit meinen ehemaligen Gründerkollegen. Und da haben wir uns aufgeteilt, wer wo den Lead macht.
Vor zweieinhalb Jahren habe ich auch mit einem ehemaligen Mitarbeiter Leaders21 gegründet. Ein Unternehmen, wo es darum geht, Führungskräfte und Mitarbeiter*innen weiterzubilden. Mit einer Software: jede Woche lernen und kontinuierliche Weiterbildung, im Abo sozusagen. Da sind wir jetzt ca. 30 Leute. Dort arbeite ich operativ zweieinhalb Tage die Woche. Das ist mein Hauptprojekt, wenn man das so sagen will. Und nicht zu vergessen ist Foxy-Fitness. Das ist meine neueste Firma, wo ich eine Liegestütz-App mache (Hinweis: Push-Up 100). Das mach ich so einen Tag in der Woche. Zusätzlich bau ich eine Immobilie und mit einer Gruppe haben wir grad ein Einkaufszentrum gekauft. Mir war es immer schon wichtig, sehr breit und vielfältig aufgestellt zu sein. Und eigentlich muss ich gestehen, dass ich sehr gerne arbeite.“
Und selbstverständlich vergisst der aktive Gründer nicht zu erwähnen, dass man für so ein Arbeitspensum auch jede Menge Energie benötigt. Seine Kraft schöpft er im Sport. Tägliche Laufeinheiten, Einheiten im Fitness-Center und natürlich die täglichen Pushups, die man auf seiner Push-Up-App auch verfolgen kann, zählen zu Fixpunkten seines beruflichen Alltags. Und vor allem dann, wenn ab und zu der Vorabend einmal länger dauert, als geplant. Denn neben Zielstrebigkeit und Entschlossenheit, ist auch eine hohe Portion Lebensfreude wichtig, um als Entrepreneur erfolgreich zu sein.