Auf den ersten Blick hat Laura Gentile ein Handicap. Das ist offensichtlich, denn sie sitzt im Rollstuhl. Auf den zweiten Blick hat sich die junge Klagenfurterin in den letzten Jahren zwei erfolgreiche Unternehmen aufgebaut. Mit uns hat sie über Klischees, Businesspläne und Pausen gesprochen.
Warum haben Sie sich für die Selbstständigkeit entschieden?
Tatsächlich ist diese Entscheidung gar nicht so bewusst gefallen, sondern sie kam mit einer Produktidee – einem Hundekalender. Ich wusste, wenn ich diesen verkaufen will, muss ich ein Gewerbe anmelden. Durch Beratungen haben wir dann beschlossen, dass ich nicht nur den Hundekalender anbiete, sondern direkt mein Wissen über zunächst nur Hunde auch in die Welt raus bringe – als Hundetrainerin und Katzenverhaltensberaterin. Ich bekam aber bis dato wenige Chancen für ein gelungenes Angestelltenverhältnis – der Schritt war also absehbar.
Sie führen gleich zwei Unternehmen – warum?
Ich habe zu Beginn meiner Tätigkeit als Tiertrainerin gerade meinen Bachelor im Bereich Medien- und Kommunikationswissenschaften abgeschlossen, den Master so nebenbei gestartet. Eigentlich war ich auf Jobsuche. Während des Bachelorstudiums habe ich diverse Praktika und Tätigkeiten im journalistischen Bereich gemacht, doch keine fixe Anstellung bekommen. So ganz bin ich davon nie weggekommen – ich habe über Pfötchentraining immer wieder Artikel über Hunde- und Katzen veröffentlichen dürfen, doch ich wollte mehr! Da ich auch Wissen im Bereich Social Media Management und Webdesign habe, habe ich dann Anfang 2021 meine Werbeagentur angemeldet. So konnte ich endlich beide Leidenschaften unter einen Hut bringen.
Sind Sie mit Ihrem Handicap im unternehmerischen Alltag mit Vorurteilen konfrontiert?
Glücklicherweise selten. Das größte Problem habe ich bei Hausbesuchen, da viele nicht rollstuhlgerecht leben. Mittlerweile habe ich eine zweite Hundetrainerin im Unternehmen, welche mir diese Kunden abnehmen kann. Ich fokussiere mich außerdem auf Online-Coachings, da hier Stufen kein Problem darstellen und ich so mehr Kunden pro Tag betreuen kann. Meine Kundinnen und Kunden nehmen mich immer ernst und sehen meine Behinderung nicht als Problem. Von Außenstehenden, die uns beim Training beobachtet haben, kamen aber schon manchmal Kommentare wie „Sie sind im Rollstuhl, Sie können gar keine Hundetrainerin sein.“
Welchen Schwierigkeiten begegnet man als Mensch mit Behinderung im Arbeitsalltag immer noch?
Als Selbstständige stehe ich manchmal beim Bereich Fortbildungen vor der ein oder anderen Hürde. Nicht alle Fortbildungsorte sind barrierefrei. Als Angestellte stand ich vor vielen Problemen! So hatten einige Kolleginnen und Kollegen zum Beispiel Probleme mit meiner Arbeitsassistenz, ich musste zudem bei jeder Arbeitsstelle klären, ob mein Assistenzhund mitkönnte, außerdem gab es viel zu oft kein Behinderten-WC oder auch keinen barrierefreien Zugang.
Wie würden Sie anderen Mut machen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen?
DO IT – aber bitte nicht ohne Plan! Bei meiner ersten Gründung hatte kaum Erfahrung und startete auch mit viel zu günstigen Preisen. Bei meiner zweiten Gründung war da schon mehr Planung dahinter. Vor allem in Familien, wo es noch keine selbstständigen Familienmitglieder gibt, stößt man immer wieder auf Fragezeichen. Aber hey, ich bin eine der wenigen in meiner Familie, die studiert hat und auch eine der wenigen die Unternehmerin ist. So what? Gib nicht zu viel auf die Meinung anderer, zieh dein Ding durch!
Ihre Top 3 Tipps für GründerInnen?
- Money-Mindset: Nicht zu günstig starten!
- Pausen: Unbedingt Pausen einhalten!
- Support: Um Hilfe fragen! Egal ob Einzelunternehmen oder nicht, unbedingt um Hilfe fragen, wenn irgendwo Unklarheit herrscht.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Mehr Online und Fokus auf Automatisierung. Ich möchte vor allem meine Dienstleistung als Tiertrainerin komplett auf Online-Angebote auslagern und hier noch mehr Selbstlernkurse (Onlinekurse) anbieten, mit welchen die Leute direkt durchstarten können. Bei meiner Werbeagentur liegt mein Fokus auf Langzeit-Kunden. Und natürlich: Ausreichend Pausen machen.
Foto: Laura Gentile
Weitere Informationen unter http://www.lauragentile.at und http://www.pfoetchentraining.com
