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Nachdem Kärnten bei den Nächtigungszahlen hinter die Steiermark zurückgefallen ist, kommt nun endlich Bewegung in die nicht nur wirtschaftlich, sondern auch für das Selbstverständnis des Landes wichtige Branche. Kleinere Erschütterungen sind die Vorzeichen eines größeren Bebens, das die Tourismusorganisation neu ordnen wird.

Das „gefährlich schöne Bundesland Kärnten“ (© Em. Bischof Egon Kapellari) verfügt über attraktive natürliche Ressourcen zwischen Bergen und Seen und eine große touristische Tradition. Doch anstatt diese Standortvorteile konsequent zu nutzen, verliert die Branche zunehmend an Dynamik. Während andere Regionen wie die Steiermark oder Oberösterreich im Jahr 2024 neue Nächtigungsrekorde verzeichnen konnten, bewegt sich in Kärnten seit Jahren kaum noch etwas. Im Vorjahr verbuchte der sonnige Süden 13,14 Millionen Nächtigungen, in den besten Zeiten waren es um über sechs Millionen mehr (Statistik Austria 1980: 18,98 Millionen). Damals zählte die Steiermark halb so viele Nächtigungen wie Kärnten, mittlerweile hat sie Kärnten vom jahrzehntelang behaupteten Platz drei der österreichweiten Statistik verdrängt.

Tourismusorganisation vor Umbau

Spartenobmann Josef Petritsch, Hotelier am Klopeiner See, sieht im Abwärtstrend einen klaren Handlungsauftrag: „Unsere Betriebe brauchen Rahmenbedingungen, die Wachstum ermöglichen – und keine, die sie bremsen. Wir fordern eine konsequente Reform, die Strukturen entschlackt, Abläufe vereinfacht und den Tourismus für die Zukunft rüstet.“  Ein zentrales Problem liegt in der ineffizienten Organisation des Kärntner Tourismus: Die derzeitige Struktur ist schwerfällig, bürokratisch und wenig zielgerichtet. „Wir brauchen klar definierte Zuständigkeiten: starke, gut ausgestattete Erlebnisräume vor Ort – also großräumige Tourismusverbände – und eine Landestourismusorganisation, die strategisch denkt, effizient agiert und messbare Erfolge liefert“, so Petritsch.

Struktur- und Aufgabenreform dringend erforderlich

Gleichzeitig muss aber auch die touristische Infrastruktur verbessert werden – Radwege, Schlechtwetterangebote und Erlebnisinfrastruktur sind nicht mehr auf internationalem Niveau, Leuchtturmprojekte fehlen. Ein zweckgebundener Tourismusfonds, gespeist aus einer aufgestockten Nächtigungsabgabe, soll die notwendigen Investitionen sicherstellen.

Und immer wieder hemmt die Bürokratie

Ein weiteres großes Hemmnis für die Branche ist die überbordende Bürokratie. Gastronomie und Hotellerie leiden besonders unter langwierigen Verfahren und immer neuen Auflagen. Stefan Sternad, Obmann der Fachgruppe Gastronomie, und Wirt aus Leidenschaft am Wörthersee, fordert daher ein entschlossenes Vorgehen gegen unnötige Regulierungen: „Unsere Betriebe investieren viel Energie in ihre Gäste und ihr Angebot – aber mindestens genauso viel Zeit in die Bewältigung bürokratischer Hürden. Von überlangen Genehmigungsverfahren bis hin zu überzogenen Hygiene- und Brandschutzvorschriften – hier braucht es ein Umdenken. Kärnten muss endlich unternehmerfreundlicher werden!“

Alpen-Adria-Kulinarik

Neben der Bürokratie kritisiert Sternad auch das Steuer- und Abgabensystem, das Gastronomie und Hotellerie stark belastet. Gleichzeitig fordert er eine bessere Positionierung Kärntens als kulinarische Top-Destination: „Die Alpen-Adria-Küche ist ein Alleinstellungsmerkmal, das viel stärker genutzt werden muss. Kulinarik zieht Gäste an, sorgt für Wertschöpfung und stärkt das Image Kärntens. Hier liegt noch viel Potenzial.“

Tourismus ringt um seine Zukunft

Für die Wirtschaftskammer ist die Tourismusbranche an einem kritischen Punkt angelangt: Entweder gelingt jetzt der große Wurf mit mutigen Reformen – oder Kärnten wird weiter an Bedeutung verlieren. Wirtschaftslandesrat Sebastian Schuschnig unterstützt den Reformkurs und setzt auf eine umfassende Neustrukturierung biete Chancen für die Zukunft des Kärntner Tourismus. So sollen aus derzeit 125 Organisationseinheiten mit gesetzlichen Aufgaben im Tourismus – 31 Tourismusverbände, 84 Gemeinden, neun Regionen und eine Landestourismusorganisation – zehn werden. Vorbild für den Reformprozess ist das Bundesland Tirol, das seit 1980 seine Nächtigungszahlen von 39 auf 48 Millionen steigern konnte.

Mehr Professionalität gefordert

Die Reformbereitschaft Schuschnigs stößt bei den Tourismusunternehmen auf große Zustimmung. Spartenobmann Petritsch begrüßt das klare Bekenntnis zu einer umfassenden Reform: „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, den Kärntner Tourismus wieder auf die Überholspur zu bringen. Es ist fünf nach zwölf – wir müssen raus aus der lähmenden Strukturdiskussion und endlich ins Tun kommen.“ Insbesondere die Zusammenlegung der unteren zwei organisatorischen Ebenen – im Bereich der Gemeinden und der Tourismusverbände – sei eine Grundvoraussetzung, um die Effizienz zu steigern und Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. „Wir müssen schlagkräftiger, professioneller und auch messbarer werden. Die Schnittstelle zwischen den touristischen Einheiten wird entscheidend sein. Eine professionelle Managementstruktur ist gefragt, um effizienter zu arbeiten und Synergien optimal zu nutzen.“

Fusionierung, Performanceboost uns Sales als Kernpunkte

Die Reform muss alle Beteiligten einbeziehen und eine nachhaltige Lösung schaffen. Gleichzeitig müsse die Kärnten Werbung einen echten Performanceboost und den klaren Auftrag erhalten, auch Sales zu betreiben, um sich international besser positionieren zu können. „Wir brauchen eine strategische, schlagkräftige Organisation, die den internationalen Markt bespielt“, so Petritsch.

Infrastruktur entscheidend

Ein zentrales Anliegen der Wirtschaft bleibt die Forderung nach einem Infrastrukturfonds. „Wir müssen weiterhin darauf pochen, dass Investitionen in die touristische Infrastruktur abgesichert werden. Vor allem im Bereich der Schlechtwetter- und Freizeitinfrastruktur braucht es ein wirksames Instrument, das nachhaltige Entwicklungen ermöglicht und Kärnten als ganzjährige Tourismusdestination stärkt“, sagt Petritsch: „Unser Anspruch muss es sein, wieder um einen Stockerlplatz im Bundesländervergleich zu kämpfen!“

M.U.T.letter

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