Wieviel Ethik braucht KI?

Am 26. November findet im Makerspace die zweite Ausgabe des KI:Kompass Klagenfurt statt, der Orientierung und praxisnahe Einblicke in die Welt der Künstlichen Intelligenz bietet. Diesmal steht das Thema „KI und/oder Ethik“ im Fokus. Mit dabei ist auch Cornelia Stefan, stellvertretende Leitung des Instituts für Philosophie an der Alpen Adria Universität Klagenfurt. Wir haben sie vorab zum Interview gebeten.

Welche konkreten ethischen Dilemmata sehen Sie in der aktuellen KI-Entwicklung, die eine unmittelbare gesellschaftliche Relevanz haben?

Ich sehe da vor allem den Kontrast zwischen den gewaltigen Potenzialen, die KI-Entwicklungen bieten und auf der anderen Seite eben dieses große ethische Feld. Von Ressourcen- und Energieverbrauch, über Menschenrechte, Umweltschutz bis hin zu Arbeits- und Bürgerrechten steht hier viel auf dem Spiel. Und dann natürlich die realen Gefahren für die Demokratie durch Fake News oder Fake Bilder und die massiven Manipulationsmöglichkeiten, die sich da auftun, ganz zu schweigen von der undemokratischen Machtkonzentration weniger Big-Tech-Konzerne.

Wo stehen wir Europäer im internationalen Vergleich?

Wir sehen ein globales Wettrennen im Bereich der KI- Entwicklungen. Wenn man sich anschaut, was im letzten Draghi-Bericht zur „Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit der EU“ drinsteht, dann wird einem mulmig, weil klar wird, dass das Investitionsvolumen der EU für diese Bereiche viel zu niedrig ist und wir so nicht im globalen Wettbewerb mithalten werden können. Dabei besteht natürlich die Gefahr, dass man ethisch sehr korrekt handeln will, aber dadurch in eine Überregulierung abdriftet, die zu Investitionshindernissen führt und man stattdessen nicht demokratischen Ländern den Vortritt lässt, die viele Rechte überhaupt nicht ernst nehmen und demnach auch nicht einhalten werden. Es ist eine große und verantwortungsvolle Aufgabe, hier einen Ausgleich zu schaffen zwischen einer guten Regulation auf ethischer Ebene und den nötigen Freiheiten für Innovation und Entwicklung auf der anderen.

Wie können wir eine breitere öffentliche Diskussion darüber fördern, wie KI ethisch gestaltet werden sollte, und welche Rolle spielt hierbei die Bildung?

Die Rolle der Bildung ist nicht zu unterschätzen. Öffentliche Diskussionen sind im Moment mehr als gefragt. Es braucht Reflexionsorte, Workshops und genau solche Initiativen wie von KI-Kompass, sodass man die Leute involviert, aufklärt und sie in die Reflexions- und Entscheidungsprozesse miteinbezieht. Es ist ein Irrglauben, dass die immer potenter werdenden KI-Systeme irgendwann sowieso alles übernehmen und wir Menschen nichts mehr zu tun haben werden. Das ist ein fataler Zugang. In Wahrheit braucht es sehr komplexes Wissen und ein tiefes Verständnis darüber, wie die Systeme funktionieren und was im Hintergrund für Zusammenhänge wirken. Wir werden sehr viel lernen müssen, um zu verstehen, womit wir es zu tun haben und um wirklich mithalten und mitgestalten zu können. Denn paradoxerweise braucht die junge Generation mehr Wissen und kritische Kompetenz als je zuvor, nicht weniger. Es liegt jetzt in unserer Verantwortung, uns damit tiefgreifend auseinanderzusetzen.

Inwieweit sollte KI-Entwicklung Ihrer Meinung nach auf internationaler Ebene geregelt werden, um sicherzustellen, dass ethische Standards global eingehalten werden?

Selbstverständlich ist es wünschenswert, diese Themen auf internationaler Ebene zu regeln. Ich plädiere aber gleichzeitig dafür, den Fokus auf den kleineren Rahmen zu richten, weil ich den Blick auf das Globale oft für eine Art von Ablenkungsmanöver halte. Die Menschen bekommen ansonsten das Gefühl, ohnehin nichts tun zu können und fühlen sich in Folge wie gelähmt. Man kann auch viel im Kleinen tun! Ethische Diskussionen über gerechte und faire Anwendungen müssen gelebte Praxis sein. Das ist die Voraussetzung dafür, dass es sich dann auch auf höherer, internationaler Ebene wiederfindet.

Ein Vergleich: Wenn ein Kind zu Hause nicht Bitte und Danke sagen muss, weil es das erst in der Schule können muss und man davon ausgeht, dass es ohne das Einüben in der Familie plötzlich wie durch ein Wunder im richtigen Kontext wissen soll, wann es Bitte und Danke zu sagen hat, wird das nicht funktionieren. Dasselbe gilt für ethische Standards im Technologiebereich. Nur wenn wir im Kleinen mitgestalten und verstehen, warum wir bestimmte ethische Standards einhalten sollten, werden wir uns auch darum bemühen, diese im großen Maßstab einzufordern.

Welche praktischen Schritte sollten Regierungen und Unternehmen jetzt unternehmen, um den ethischen Umgang mit KI in der Zukunft sicherzustellen?

Aufklärung und Einbeziehung ist von Seiten der Regierungen, Unternehmen und Bildungseinrichtungen unumgänglich. Wichtig ist, dass man auch explizit kleinere und mittlere Unternehmen hinsichtlich der Regulierungen unterstützt. Die Rechtslage ist teilweise sehr komplex und natürlich für große Unternehmen leichter zu verarbeiten Die haben vielleicht sogar eine eigene Rechtsabteilung. Für EPU, KMU oder Startups kann das wirklich ein Hemmnis sein, das Innovation schon im Kleinen abwürgt. Dafür könnten beispielsweise gratis Rechtsberatungen geschaffen werden sowie finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden angesichts der aktuellen Big Tech Konzentration könnte Europa diesbezüglich ein Alternativmodell schaffen.

Lust auf die Veranstaltung am 26. November?
Workshop, 12.30 – 16.30 Uhr

Podiumsdiskussion, 18 – 20Uhr, im Anschluss: Networking-Buffet

Hier geht es zur Anmeldung.

M.U.T.letter

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