Warum die Marktwirtschaft ein Segen ist

Geht es nach einem gewissen Menschentypus oder manchen Medien, steht der Schuldige an Ausbeutung, Umweltzerstörung und Gesellschaftszerfall fest: der Kapitalismus. Ist das ein naiver Irrtum oder ein gefährlicher Angriff?

Die Story zieht: Skrupellose Magnaten, Mogule und Multimilliardäre ruinieren Mensch und Umwelt, um die eigenen Geldspeicher bis zum Rand zu füllen. Retten kann uns nur Rückbesinnung, Rückzug und Rückschritt zum Lastenfahrrad, zum „urban gardening“, zum „tiny house“, zur Tilgung jedes ökologischen Fußabdrucks. Erst dann werden wir wieder gesund, gelassen und glücklich sein, wie damals.

Europas Superkraft

Auf russischen Trollfarmen biegen sich die Bots vor Lachen, wenn in Europa wieder einmal ein Grüppchen desorientierter Realitätsverweigerer gegen den Kapitalismus demonstriert. Gegen jenes Wirtschaftssystem, das dem Kontinent märchenhaften Reichtum beschert hat und der ganzen Welt einen Wohlstandsschub, einzigartig in der Geschichte der Menschheit. Es heißt Marktwirtschaft, und seine Superkraft ist die Erkenntnis von Adam Smith, dass Eigeninteresse und Wettbewerb die Triebfedern alles Wirtschaftens sind. Und dass sich Preise am Schnittpunkt von Angebot und Nachfrage bilden sollten und nicht im Kopf von staatswirtschaftlichen Fünfjahresplanern.

Erfolgsgeschichte des Kapitalismus

Damit schuf Smith schon im 18. Jahrhundert die Grundlagen für die – neben dem medizinischen Fortschritt – größte Erfolgsgeschichte des Planeten. Der französische Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Jean-Pierre Bourguignon stellt in einem seiner Werke fest, dass am Anfang des 20. Jahrhunderts 70% der Weltbevölkerung unter der Armutsschwelle (von 1,25 Dollar pro Tag, Anm.) lagen und 100 Jahre später nur knapp 20%: „Life is better now than at almost any time in history. More people are richer and fewer people live in dire poverty. Lives are longer and parents no longer routinely watch a quarter of their children die. Yet millions still experience the horrors of destitution and of premature death. The world is hugely unequal. Inequality is often the consequence of progress. Not everyone gets rich at the same time. …“

Weltkriege und Wirtschaftswunder

Dass der Segen des Kapitalismus – nur ein anderes, zur Verunglimpfung besser geeignetes Wort für Marktwirtschaft – noch nicht zu allen durchgedrungen ist, soll nun ein Argument für seine Rückabwicklung sein? 100 Jahre, das ist nicht mehr als ein sehr langes Menschenleben: Wo stand Europa in den 1920er Jahren? Es hatte einen Weltkrieg mit Millionen Toten hinter sich, der Kontinent war zerrissen, die Wirtschaft am Boden und die Lage der Bevölkerung trist. In den Städten hausten oft mehrere Familiengenerationen von Arbeitern auf kleinstem Raum, ungenutzte Betten wurden tagsüber an Nachtarbeiter vermietet. Mit der Weltwirtschaftskrise 1929 und dem zweiten Weltkrieg zehn Jahre später wurde alles noch schlimmer. Erst ab den fünfziger Jahren kam der große Aufschwung, das Weltwirtschaftswunder, ein Aufholprozess in Sachen Wohlstand und Lebensqualität, wie ihn die Welt zuvor noch nicht gesehen hatte. Dabei spielte der Marshal-Plan der USA zweifelsohne eine große Rolle, aber der Boden, auf dem dieses Wunder wuchs, waren der Wille und die Tatkraft der Europäerinnen und Europäer.

Vorteile für alle

Sie setzten bei der Wiederinstandsetzung ihrer Länder auf ein Wirtschaftssystem namens Marktwirtschaft, dessen Verfechter unter vielen anderen Ludwig Erhard war, deutscher Wirtschaftsminister von 1949 bis 1963 und bis 1966 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland: Die Marktwirtschaft verfolge bestimmte Prinzipien, die automatisch auch gesellschaftliche Vorteile mit sich bringen würden. 

  1. Effiziente Ressourcenallokation

In einer Marktwirtschaft sorgt der Wettbewerb dafür, dass Ressourcen effizient eingesetzt werden, da Unternehmen gezwungen sind, innovative, kosteneffiziente und qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen anzubieten, um am Markt bestehen zu können. Diese Effizienz fördert den allgemeinen Wohlstand. 

  1. Selbstregulierung durch Wettbewerb

Der Wettbewerb zwischen Unternehmen dient nicht nur der Innovation, sondern verhindert auch Monopole und Preisdiktate. Dies schafft Chancengleichheit und schützt Konsumenten vor überhöhten Preisen oder schlechter Qualität. 

  1. Förderung individueller Freiheit

Eine Marktwirtschaft gibt den Menschen die Freiheit, wirtschaftliche Entscheidungen selbst zu treffen, etwa welche Produkte sie kaufen oder welche Berufe sie ergreifen wollen. Diese Freiheit wird als sozialer Wert betrachtet. 

  1. Breiter Wohlstand durch Produktivität

Durch den Anreiz zu mehr Produktivität und Innovation wächst der Wohlstand einer Volkswirtschaft insgesamt. Davon profitieren auch weniger wohlhabende Menschen, da durch ein größeres Angebot die Preise sinken und die Lebensqualität aller steigt. 

  1. Automatische soziale Mechanismen

Erhard ging davon aus, dass der Wohlstand, der durch die Marktwirtschaft geschaffen wird, sich „automatisch“ auf alle Schichten der Gesellschaft verteilt. Er vertraute auf Adam Smiths „unsichtbare Hand“ des Marktes, die für Gerechtigkeit sorgt, weil Unternehmen und Konsumenten aus eigenem Interesse handeln und dabei auch indirekt dem Gemeinwohl dienen.

  1. Prinzip der Leistungsgerechtigkeit

Die Marktwirtschaft belohnt Leistung. Wer innovativ ist, hart arbeitet und gut wirtschaftet, profitiert. Dieses Prinzip sieht Erhard als sozial, da es auf Eigenverantwortung und Fairness basiert.

Markt braucht Staat

Auch Erhard war bewusst, dass keine Wirtschaftstheorie alle gesellschaftlichen Fragen zufriedenstellend löst. Deshalb kombinierte er sie mit Elementen des Sozialstaates, wie sozialer Absicherung, Umverteilung und einer maßvollen staatlichen Regulierung. Dieser sozialen Marktwirtschaft, in Österreich 1989 unter VP-Obmann Josef Riegler zu „ökosozialen Marktwirtschaft“ erweitert, verdankt Europa den beispiellosen Zuwachs an Wohlstand und Lebensqualität von der Kinderbetreuung über Bildung, Ausbildung und Familienförderung bis hin zu vielfältigen Berufschancen, einer sicheren Altersvorsorge und einer modernen Gesundheitsversorgung.

Europa in Gefahr

Also all das, was wir durch die gesellschaftliche Abkehr vom Leistungsgedanken, die Selbstaufgabe von Politik und Verwaltung, die ideologiegetriebene Vernachlässigung schlichtester Zusammenhänge in Finanz- und Wirtschaftspolitik und unter dem Druck einer außer Kontrolle geratenen Zuwanderung heute aufs Spiel setzen. Ob das passiert, weil die „hohe Zeit lang vorüber“ ist, wie schon Rainhard Fendrich (über Österreich) gesungen hat, oder weil wir mit Desinformation, Lügenpropaganda und Anschlägen auf unsere Infrastruktur – z.B. in der Ostsee, im Internet, durch Migration – angegriffen werden, ist zweitrangig: Wir sollten es nicht zulassen.

M.U.T.letter

Wissen, was die Kärntner Wirtschaft bewegt:

Das könnte Sie auch interessieren