Vom Versicherungskaufmann zum Lederkünstler

Seit seinem 18. Lebensjahr war Michael Neller als selbstständiger Versicherungskaufmann tätig – damals noch weit entfernt von der kreativen Welt der Lederkunst. Heute kennen ihn seine Kunden, die mittlerweile übrigens von überall auf der Welt seine Lederunikate bestellen, unter dem Markennamen: Sir Leder Michel. Ein uriger Typ, sympathisch und voller Leidenschaft für sein Tun. Kein gebürtiger Kärntner. Seine geliebte Wahlheimat hat er erst nach vielen Lebens- und Arbeitsjahren in Deutschland ausfindig gemacht.

„Es ist, als hätte ich hier endlich mein wahres Zuhause gefunden“, schwärmt der Kunsthandwerker. Seine einladende Ledermanufaktur betreibt er übrigens in der Villacher Innenstadt. Und ganz ehrlich: Dass diese ausgerechnet in der Lederergasse liegt, kann doch einfach kein Zufall sein? Das Interesse an Kunst und Handwerk war schon immer da, aber der Einfluss des Vaters führte Michael Neller in die Versicherungsbranche. „Als ich mit 34 Jahren ein Unternehmen mit acht Angestellten führte, begann ich jedoch zu hinterfragen, was ich wirklich wollte. Und vor allem, was mir fehlte“, blickt er zurück. Und dann ging es Schlag auf Schlag.

Liebe zum Handwerk

Anfangs war es das Punzieren von Leder, das ihn förmlich in seinen Bann zog. „Ich fertigte mein erstes punziertes Armband an, und der Zuspruch aus meinem Umfeld war überwältigend. Die ersten Bestellungen kamen“, schwärmt der Wahlkärntner. 2013 gründete er seine eigene Werkstatt in Hamburg, die er zwei Jahre lang parallel zu seinem damaligen Angestelltenjob betrieb – und immer tiefer in die Materie Leder eintauchte. Das überragende Feedback seiner Kunden und die Begeisterung für die eigene Kunstfertigkeit führten dazu, dass er sich schließlich vollständig auf Lederbearbeitung konzentrierte. Seitdem macht er nichts anderes mehr.

Sir Leder Michel
Kein Tag gleicht dem anderen: Immer stellt sich Michael neuen Herausforderungen.

Der Wegwerfmentalität zum Trotz

Die Bedeutung von Handwerk und regionaler Produktion sind für Michael Neller von großem Wert. Auch wenn die Welt den Fokus auf Massenproduktion und schnellen Konsum richtet, sieht er beständiges Material und die Arbeit mit den eigenen Händen als wertvollstes Gut: „Es sind die individuellen Unikate, die unsere Welt zu einem schöneren, nachhaltigeren Ort machen. Einzelhandel und Handwerk dürfen nicht in Vergessenheit geraten“, fordert er. Doch er will nicht nur fordern, sondern mit seinem täglichen Tun gegen die Wegwerfmentalität wirken. Und das macht er auch. Tag für Tag in seiner Werkstatt – hier gibt’s Einblicke: Werkstatt Sir Leder Michel

Von der Skizze zum Unikat

Der Alltag eines Lederkünstlers ist vielfältig. Kein Tag gleicht dem anderen. Immer stellt sich Michael neuen Herausforderungen. Immer gibt es etwas Neues zum Tüfteln und Erschaffen. So oder so: Seine Lederunikate sind gefragt. „Die internationale Nachfrage ist größer als je zuvor, und über soziale Medien habe ich mir eine treue Anhängerschaft aufgebaut, die mittlerweile mehr als 10.500 Follower zählt“, freut sich der lebensfrohe Unternehmer. Maßanfertigungen von der Weste bis zum Gürtel, vom Zylinder bis zum Mantel, ja selbst kunstvolle Wandbilder aus Leder finden sich in seiner Manufaktur: „Es ist das Vertrauen meiner Kunden, das mir die Freiheit gibt, kreativ zu sein. Sie lassen mir oft freie Hand, um einzigartige Unikate zu erschaffen, die perfekt auf ihre Wünsche und Bedürfnisse abgestimmt sind.“

Geht nicht, gibt’s nicht

Die Produktpalette wächst und wächst also. Wer die Werkstatt in der Lederergasse betritt, könnte schnell ins Staunen geraten. Die Möglichkeiten in punkto Lederverarbeitung scheinen grenzenlos. „Ja, mittlerweile kann ich so ziemlich alles aus Leder anfertigen – außer Schuhe“, schmunzelt Michael Neller. Das überlässt er Kollegen, die dafür ausgebildet sind und von der Anatomie unseres Bewegungsapparates Ahnung haben.

Neben der großen Freude am Tun liegt Michael Neller die Nachhaltigkeit am Herzen.

Nachhaltigkeit und Qualität

Neben der großen Freude am Tun und der unerschütterlichen Leidenschaft für das Handwerk gibt es aber noch einen weiteren Aspekt, der dem Kunsthandwerker besonders am Herzen liegt: die Nachhaltigkeit. „Ich habe mich bewusst entschieden, ausschließlich Leder aus deutschen und österreichischen Gerbereien zu kaufen und zu verarbeiten. Diese Gerbereien erfüllen weltweit höchste Standards in Bezug auf Qualität, Verarbeitung und Umweltschutz“, betont er. Überhaupt ist es ihm ein Anliegen, Aufklärungsarbeit zu leisten und Konsumenten für Qualitätsprodukte zu sensibilisieren. Auch die Tatsache, dass Qualitätsleder eines der nachhaltigsten Materialien ist, will er vermitteln. „Leder ist seit Jahrtausenden für seine Langlebigkeit bekannt ist. Lederprodukte sind robust, atmungsaktiv und können bei richtiger Pflege über Jahrzehnte hinweg bestehen. Ein Gürtel aus hochwertigem Geschirrleder kann ein Leben lang halten – im Gegensatz zu den billigen Massenprodukten, die heutzutage immer schneller verschleißen.“  So denkt er. So lebt er. So arbeitet er. Und was Zukunftspläne betrifft, bleibt Michael Neller am Boden: „Ich schließe jeden Tag die Tür auf und lege los.“

 

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