Warum Selbstständige offener über Honorare sprechen sollten. In seiner Kolumne „Selbst & ständig“ schreibt unser Autor Ljubisa Buzic über das Leben als Ein-Personen-Unternehmen – mit persönlichen Erfahrungen, Aha-Momenten und einer Portion Selbstironie. Keine Erfolgsmythen. Dafür ehrliche Einblicke, Learnings und Gedanken übers Arbeiten, Scheitern und Weitermachen.
Ich schreibe einer Kollegin, mit der ich mich gut verstehe. Wir sind beide freie Journalisten, kennen einander seit Jahren. Der Kunde, für den sie zuletzt gearbeitet hat, interessiert auch mich. Ich schreibe:
„Darf ich fragen, wie viel die zahlen?“
Sie schreibt zurück: „Kommt drauf an.“
Ich hake nach: „Nur ungefähr? Einfach damit ich weiß, ob sich das lohnt.“
Sie schreibt: „Puh … weiß ich nicht. Ist ja auch bei jedem anders.“
Ich lese die Nachricht zweimal. Und frage mich: Warum reden wir nicht über Geld?
In fast jedem anderen Bereich wären wir solidarisch. Wir teilen Informationen, geben Recherche-Tipps, helfen einander bei der Suche nach Interviewpartnern. Aber sobald es um das Honorar geht, werden wir leise. Das passiert nicht nur unter Schreibern, sondern auch bei vielen anderen Selbstständigen. Dabei wäre mehr Offenheit bei den Honoraren wichtig.
Bei Angestellten gibt es Gehaltstabellen, Kollektivverträge, Mindeststandards. Bei Selbstständigen: Muss man sich selbst irgendwie überlegen, wie viel man verlangt. Dabei wäre Transparenz das Beste, was Selbstständige für ihren Berufsstand tun können. Je mehr wir über Geld sprechen, desto besser können wir den Wert unserer eigenen Arbeit einschätzen. Und wir riskieren nicht, unsere Branche mit Preisdumping zu ruinieren.
Preis oder Wert?
„Was kostet ein Text bei dir?“ Das ist eine unangenehme Frage. Weil sie nicht nur nach Geld klingt, sondern nach Selbstwert. Gerade in kreativen Berufen vermischt sich beides oft. Wer für wenig Geld arbeitet, glaubt schnell: Vielleicht bin ich ja nicht mehr wert. Und wer viel verlangt, hat das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen.
Ich kenne beide Varianten. Ich habe schon für Honorare geschrieben, bei denen ich lieber nicht mehr nachrechnen wollte, wie viele Stunden ich gebraucht habe. Und ich habe erlebt, wie gut es sich anfühlt, wenn ein Auftraggeber gut bezahlt und wie gerne man bei diesen Kunden auch die „Extrameile“ geht.
Reden hilft allen
Dass es auch ganz anders gehen kann, hat mir kürzlich eine andere Kollegin gezeigt. Diesmal keine langjährige Bekannte, sondern ein neuer Kontakt. Auf meine Frage nach dem Honorar bei einem gemeinsamen Kunden, mit dem ich gerade erst in Verhandlungen trete, sagt sie mir offen ihren Stundensatz und ihre Überlegungen bei der Preisgestaltung. Das ist sinnvoll für uns beide. Ich will sie weder unterbieten noch mich mit überhöhten Preisen ins Abseits schießen. So haben wir beide etwas davon.
Ich habe gelernt, zu fragen. Und auch, ehrlich zu antworten. Natürlich ist das manchmal unangenehm. Aber es ist auch ein Statement: Ich nehme meine Arbeit ernst. Und ich wünsche mir, dass auch andere gut von ihrer leben können. Geld ist kein Tabu. Es ist eine Realität. Und wir gestalten sie mit – wenn wir offen darüber sprechen.
Das Thema im nächsten Monat: Kann ich mir als Selbstständiger leisten, richtig Urlaub zu machen?