Das perfekte Rezept zur Erholung von der hektischen digitalen Medienwelt: gutes analoges Sommertheater, das in Kärnten heuer wieder einiges zu bieten hat.
Das schafft Nähe: richtige Menschen, die mit all ihren Talenten – aber auch berührenden kleinen Unzulänglichkeiten – draußen und drinnen auf Bühnen verzaubern: nicht die großen Stars wie etwa in Salzburg, sondern kleine engagierte Ensembles, die uns mit viel Herzblut ihren Blick auf interessante Stoffe und Stücke eröffnen. Oft sind es heimische Laiendarsteller:innen, die dafür unzählige Stunden ihrer kargen Freizeit opfern. Während der Proben und Aufführungen lassen sie Alltag und zivilen Beruf hinter sich, schlüpfen in neue Rollen und wachsen als Persönlichkeiten über sich hinaus. Ganz nebenbei stärken sie die kulturelle und wirtschaftliche Identität in der jeweiligen Region. Gastronomie und Hotellerie profitieren. Sommertheater ist einer der vielen Puzzleteile, die Urlaub in Kärnten so einzigartig machen.
Hier eine – ob der Fülle des Angebots – nicht vollständige Auswahl von Veranstaltern und Spielorten, die Sie sich genauer ansehen sollten:
Ensemble Porcia – Spittal/Drau
Seit 1960 das Flaggschiff unter Kärntens Sommertheatern. Was beim Gründungsintendant Herbert Wochinz einst das „leichte Lachen“ hieß, hat sich unter seinem heuer installierten bereits fünften Nachfolger Florian Eisner zu „A Mensch möchte i bleib’m“ gewandelt. Eisner, der heuer Angelica Ladurner an der Spitze des Ensembles Porcia ablöst, findet wie einst Charlie Chaplin, dass „Lachen die kürzeste Verbindung zwischen zwei Menschen“ ist. Gelacht werden darf auf sehr unterschiedliche Weise zu einer bunten Mischung aus klassischen und aktuellen Stoffen.
Don Quijote
Eisner selbst inszeniert Mario Schlembachs Bühnenfassung von Miguel de Cervantes berühmtem Roman „Don Quijote“. Der begabte Träumer auf Abenteuerreise zwischen Phantasie und Realität.
Glorious
Es war auch als Film ein Welterfolg: Im Stück von Peter Quilter tritt hier Julia Urban in die Fußstapfen von Meryl Streep als selbsternannter Diva Florence Foster Jenkins, die sich durch berühmte Arien der Weltliteratur krächzt.
Der Bockerer
Im ebenfalls als Film mit Karl Merkatz berühmt gewordenen Stück von Ulrich Becher und Peter Preses lernen wir die widerständige Art des Humors von Fleischhauer Bockerer in der Nazizeit kennen.
Extrawurst
Eine der erfolgreichsten deutschen Komödien der letzten Jahre von Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob über Political Correctness und Leitkultur: Melanie bringt bei der Hauptversammlung des Tennisvereins den Antrag ein, einen zweiten Griller anzuschaffen, auf dem moslemfreundlich kein Schweinefleisch aufgelegt werden soll.
Die feuerrote Friederike
Der Kinderbuchklassiker von Christine Nöstlinger über die gemobbte „feuerrote Friederike“ in einer erstmals für die Bühne bearbeiteten Fassung von Anja Wohlfahrt und Florian Eisner.
Theaterwagen
Eine Besonderheit des Ensembles Porcia ist der mobile Theaterwagen, der quer durch Kärnten auf dörflichen und städtischen Plätzen anhält. Geboten werden ein Kinderstück von der früheren Intendantin Angelica Ladurner sowie eine stark von ihr bearbeitete und um freche „Gstanzln“ aktualisierte Fassung von Kleists berühmtem Drama „Der zerbrochene Krug“.
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Burghofspiele Friesach
Der Verein der Friesacher Burghofspiele bespielt schon seit knapp 70 Jahren die laut Eigendefinition „Akropolis von Kärnten“ am Friesacher Petersberg. Damit ist das Sommer-Theaterfestival eindeutig das älteste im Land. Zum Einsatz kommen hier ausschließlich engagierte Laiendarstellerinnen und -darsteller. Seit 30 Jahren ist der heutige Obmann Helmut Wachernig einer von ihnen. Lediglich in der Regie setzt man auf Profis. Vor und hinter der Bühne greift der Verein auf insgesamt rund 80 bewährte Kräfte zurück. Man bediente sich bisher in erster Linie der Klassiker der Komödienliteratur. Heuer gibt man allerdings die adaptierte Operette „Im weißen Rössl“ und an den Märchensonntagen das Kinderstück „Oh, wie schön ist Panama“.
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Sommerspiele Eberndorf
Seit 1975 bespielen engagierte Amateure und professionelle SchauspielerInnen den Hof des ehrwürdigen Stifts Eberndorf im Sommer. Am Programm standen die unterschiedlichsten Stücke: von Shakespeare bis Turrini. Heuer hat sich das aus Florian Kutej (künstlerische Leitung), Stephan Wapenhans (Regie) und Simone Jäger (Obfrau, Darstellerin) bestehende Führungstrio „Bezahlt wird nicht!“ des berühmten Dramatikers und Nobelpreisträgers Dario Fo und seiner Frau Daria Rame vorgenommen: Obwohl in den 70er Jahren geschrieben, bleibt es eine hochaktuelle sozialkritische Farce über die Auswirkungen von Wirtschafts- und Inflationskrisen sowie die Frage, wie weit ziviler Ungehorsam gehen darf.
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Theater Sommer Klagenfurt
Seit 2010 bietet der Theater Sommer Klagenfurt lässig leichte Sommerkost im Hof des Klagenfurter Stadthauses. Für heuer hat man den Komödienklassiker „Die Kaktusblüte“ von Pierre Barillet und Jean-Pierre Grédy entstaubt und adaptiert. Im Ensemble rund um den trickreichen Womanizer Julian, der seinen Affären vorspiegelt, verheiratet zu sein, um sich nicht binden zu müssen, finden sich so vielseitig begabte DarstellerInnen wie die auch als Sängerin bekannte Kärntner Slowenin Katarina Hartmann.
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Theater am See – Maria Wörth
Am Fuß der malerischen Kirche von Mara Wörth, gleich neben der Schiffsanlegestelle, baut die Komödie 9020 heuer schon zum fünften Mal ihre kleine Open-Air-Bühne auf. Die engagierte Truppe hat heuer zwei Eigenproduktionen im Programm: Einerseits die Verwechslungskomödie „Ein Schlüssel für zwei“ von John Chapman und Dave Freeman über Harriets fast perfektes Doppelleben zwischen zwei Männern, andererseits das Kinderstück „Rotkäppchen neu gejault“. In beiden Fällen führt Heinrich Baumgartner Regie. Dazu gibt es noch ein Gastspiel des Kabarett Simpl mit Bernhard Murg und Stefano Bernardin.
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Heunburg
Das Theater auf der Heunburg zwischen Völkermarkt und Griffen hat unter wechselnder Leitung immer schon auf Theater mit Anspruch und regionale Bezüge gesetzt. Diesmal widmet man sich in einem von Daniel Pascal so bezeichneten „Biodram“ unter dem Titel „Du bist mir jetzt schon der Himmel und die Erde“ der komplexen Beziehung der Kärntner Dichterin Christine Lavant mit dem Maler Werner Berg. Es basiert auf dem erst kürzlich veröffentlichten, teilweise sehr expliziten Briefwechsel der beiden. Die Hauptrollen spielen Valerie Anna Gruber und Valentin Schreyer. Erstere wirkt übrigens auch bei der zweiten großen Produktion auf der Heunburg mit: Molières deutlich aktualisierter Komödie „Tartuffe“ über einen gerissenen Emporkömmling und Betrüger.
Dazu kommen ein noch nicht näher beschriebenes Kinderstück, ein aus einem Workshop entwickeltes Kindermusical, ein Kabarett-Programm von Katrin Winkler-Jandl und die Kurzfassung des Don Giovanni in Form einer Kammeroper.
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Theater Wolkenflug – Klagenfurt
Einen ganz großen Brocken des klassischen deutschen Literaturkanons hat heuer ab 20. Juni Ute Liepolds Theater „Wolkenflug“ ins feministische Visier genommen: Goethes Faust! Gespielt wird im historisch vorbelasteten Klagenfurter Burghof (ehemaliges Gestapo-Hauptquartier) mit der ersten Liga von Kärntner Darstellerinnen und Darstellern: Birgit Fuchs, Magda Kropiunig, Estha Sackl und Michael Kuglitsch, dazu Tibor Taylor. Faust ist hier eine Frau, die Story daher folgerichtig Matrix für die „Dekonstruktion weiblicher Lebensentwürfe in patriarchalen Lebensrealitäten“, wie es in der Vorankündigung heißt.
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Sommerspiele Landskron
Auf der Burg Landskron setzt man – passend zum Ambiente – neuerdings auf historische Stoffe. Der Kärntner Theaterveteran und Gründer der Studiobühne Villach, Alfred Meschnigg, hat den im Spätmittelalter angesiedelten Roman „Der Fluch der Rose“ vom unter dem Pseudonym Iny Lorentz schreibenden Autorenduo Iny Klocke und Elmar Wohlrath für die Bühne adaptiert. Mit insgesamt 50 DarstellerInnen (!) wird die Liebesgeschichte von Maria Fugger und Johannes erzählt.
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Theater am Schiff – Ossiach
Nicht zum ersten Mal geht die Studiobühne Villach mit einer ihrer Produktionen auf’s Wasser. Gegeben wird ein „komödiantisches Musical“ unter dem Titel „Sisi – nah am Wasser: ein Sissical“ von Frank Piotraschke, das noch bis 28. Juni auf dem Schiff „MS Gerlitze“ am Ossiacher See zu erleben ist. Piotraschke, der auch selbst mitspielt, versucht, der eher tragischen Figur Sisi, die von Isabella Weger gespielt wird, komische Seiten abzugewinnen. Garniert wird das Ganze mit 15 neu komponierten Songs.
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