Live und direkt in den Warenkorb: Unternehmerin Silke Brandt zählt zu den Pionierinnen im deutschsprachigen Live Shopping. Jetzt hat sie ihr Unternehmen „Fürstlich Shoppen“ von Frankfurt nach Eberndorf verlegt. Ein Blick in einen boomenden Markt, der in Österreich gerade erst beginnt.
Wenn Silke Brandt in ihr Smartphone spricht, passiert etwas. Dann wird gekauft. Viel und schnell. Drei Handys stecken gleichzeitig auf einem Stativ mit Ringlicht und sind mit Instagram, Facebook und TikTok verbunden, während Brandt Kleider, Taschen und Nagellacke in die Kamera hält und erzählt. Es ist gerade später Nachmittag im alten Rutar-Gebäude in Eberndorf, das Brandt vor kurzem angemietet hat. Das Live-Shopping läuft schon seit acht Stunden. Noch mindestens vier werden heute folgen. „Wir senden sieben Tage die Woche, zwölf Stunden am Tag“, sagt Silke Brandt, während Moderatorin Lena bereits die nächste Verkaufsshow übernimmt.
Teleshopping trifft Social Media – so könnte man den neuen Trend des Live Shopping oder Livestream-Commerce beschreiben. Händler präsentieren ihre Marken im Livestream über Social Media, Kundinnen und Kunden können per Chat Zwischenfragen stellen und gleich bestellen. Der Trend kommt aus China, wo der Markt im Jahr 2023 auf 281 Milliarden US-Dollar geschätzt wurde. Silke Brand gehört zu den ersten, die das Modell in den deutschsprachigen Raum gebracht haben.
Vom Kleiderschrank in die Welt
Dass sie einmal so etwas wie das Gesicht des modernen Teleshoppings sein wird, hätte sich die gelernte Kosmetikerin aus Bad Vilbel, einem Vorort von Frankfurt am Main, selbst nicht gedacht. Ihre erste Live-Show machte sie 2019 eher aus Neugier: „Da habe ich Sachen aus meinem eigenen Kleiderschrank verkauft – zum Spaß“, sagt sie und lacht. 20 bis 50 Leute schauten zu, 3.000 Euro setzte sie in zwei Stunden um. „Da wusste ich: Das könnte was werden.“

Was folgte, war eine Mischung aus Instinkt, Energie und Größenwahn im besten Sinn. Brandt kaufte eine Kleiderstange bei einem Modehändler und ging nochmal „live“. Auch diesmal waren die Sachen schnell verkauft. Beim nächsten Mal waren es schon zwei Kleiderstangen, dann drei, schließlich ganze Lagerbestände. Anfangs stapelten sich Kleidung und Taschen überall – im Wohnzimmer, Schlafzimmer und der Küche. Nach wenigen Monaten musste sie ein Büro mieten, bald darauf eigene Lagerräume.
Auf Wachstum getrimmt
Hier in ihrem neuen Hauptquartier, im ehemaligen Rutar-Gebäude in Eberndorf, eine knappe Stunde von Klagenfurt entfernt, hat sie endlich so viel Platz, wie sie braucht: 2.000 Quadratmeter, davon 1.000 für den Verkauf vor Ort und der Rest für das Lager. Brandt ist sichtlich begeistert: „Hier können wir uns 50 Paletten auf einmal liefern lassen“, sagt sie. Das meiste bleibt aber ohnehin nicht lange vor Ort. Rund 700 Pakete verschickt das Team von „Fürstlich Shoppen“ jede Woche an seine Kundschaft. 90 Prozent der Umsätze werden über das Live Shopping gemacht. Verkauft wird auf TikTok, Facebook und Instagram und über den Live Stream auf der eigenen Homepage. 175.000 Follower haben die Inhalte von „Fürstlich Shoppen“ abonniert.
Die Spanne an Waren ist groß: Mode und Kosmetik, Deko-Artikel, Spielzeug, kleinere Haushaltsgeräte – „Alles was man brauchen kann“, sagt Brandt. Sogar Lebensmittel, die man ohne Kühlung verkaufen kann, wie Schokolade und Salami. Das Angebot wechselt häufig. Dass Brandt praktisch alles verkaufen kann, glaubt man ihr sofort.
Wahlheimat Kärnten
Dass die Unternehmerin Frankfurt verlassen hat und Kärnten zu ihrer Wahlheimat und dem Sitz ihres Geschäfts wurde, verdankt sie ihrer Tochter. „Sie liebt Pferde und wollte unbedingt auf die Landwirtschaftliche Fachschule Goldbrunnhof“, erzählt Brand. Im Jänner hat Brandt ihren neuen Firmenstandort in Eberndorf übernommen, schon mit 1. Februar hat sie ihr Geschäft eröffnet.
Keine drei Monate später wirkt der Betrieb wie eine gut geölte Maschine: Hier gibt es ein Mode-Outlet, ein Café, einen Nagelsalon – und natürlich das Live-Shopping-Studio. Achtzehn Mitarbeiter halten das Unternehmen am Laufen. Vier Moderatorinnen arbeiten im Schichtbetrieb, Brandt sucht bereits nach neuen Gesichtern für ihre Live-Shows. Das Team wächst. Während wir sprechen, bringen Lieferanten neue Waren, Kunden kommen vorbei, um ihre Bestellungen abzuholen.
Alles auf eine Karte
Vieles läuft derzeit noch per Hand. Während Moderatorinnen live verkaufen, sitzt daneben jemand, der Bestellungen mitschreibt. Genau das soll sich ändern. Im Mai will Brandt ihre eigene App starten: „Es wird die erste Live-Shopping-App in Österreich“, sagt die Unternehmerin. „Damit sind wir unabhängig von TikTok, Facebook und all den anderen Plattformen, die von einem Tag auf den anderen den Algorithmus ändern – oder den Livestream abdrehen könnten“, so Brandt. Spätestens jetzt kann man ihr Unternehmen getrost als Start-up bezeichnen.
Brandts Ziel ist klar: Wachstum. „Unser Umsatz liegt derzeit bei 400.000 Euro im Monat. Bis Jahresende wollen wir auf eine Million kommen“, sagt Brandt. „Live Shopping wird auch bei uns noch ganz groß werden“, ist sie überzeugt. „Und wenn das passiert, bin ich eine der ersten und größten auf dem Markt.“
Das moderne Teleshopping
Was ist der Reiz dieser neuen Form des Shoppens für die KundInnen? „Das Community-Element ist extrem wichtig“, sagt Brandt. „Wenn ich streame, erzähle ich von meinem Alltag. Die Zuseherinnen wissen, ob ich heute noch zum Friseur gehe oder zum Reiten. Sie fragen mich, wie der Tag war. Den Leuten ist das wichtig“, sagt Brandt. „Manche der Kundinnen sind vielleicht Hausfrauen. Manche sind krank und haben wenig Möglichkeit rauszukommen, manche haben Krebs – die Leute teilen auch ihre eigenen Geschichten.“
Am Ende ist es genau das: der Spagat zwischen Verkaufsshow und Wohnzimmeratmosphäre. Zwischen Strickjacke und Storytelling. Für Brandt ist das die Zukunft: Teleshopping ohne Fernseher, E-Commerce ohne Distanz. Persönlich, direkt, live. Und wenn Silke Brandt sagt „Ich will ganz nach oben“, dann glaubt man ihr das sofort.
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