„Nutze deine Körpersprache bewusst“

Ob im Beruf oder im Alltag – wie wir auf andere wirken, ist oft entscheidend. In ihrem neuen Buch „Ohne Worte überzeugen“ erklärt die Villacher Autorin, Schauspielerin und Körpersprache-Expertin Andrea Latritsch-Karlbauer, wie wir selbstbewusster auftreten und Menschen für uns gewinnen.

M.U.T.: Frau Latritsch-Karlbauer, Sie sind Expertin für Körpersprache. Worauf achten Sie, wenn Sie jemandem zum ersten Mal begegnen?

Andrea Latritsch-Karlbauer: Ich achte auf den Gang – das ist mein USP. Ich komme ja ursprünglich aus dem Theater, aus der Pantomime und dem Bewegungstheater. Damals habe ich gelernt: Wenn du in eine bestimmte Haltung gehst, beginnst du auch, so zu fühlen.

Was erkennen Sie am Gang eines Menschen?

Sehr viel. Der Gang sagt viel über den inneren Zustand aus. Wer mit dem Oberkörper nach vorne geht, steht oft unter Stress. Geht der Oberkörper zurück und die Füße nach vorne, zeigt das Unsicherheit. Und wenn jemand beim Gehen seitlich wackelt, deutet das oft auf Entscheidungsschwäche oder innere Unruhe hin.

Grundsätzlich gefragt: Was unterscheidet charismatische Menschen von anderen?

Sie haben sich selbst angenommen. Und bei ihnen stimmen Worte und Körpersprache überein. Genau das wirkt authentisch und charismatisch. Entscheidend ist auch: Ein lockerer, spannungsfreier Körper. Wer ständig die Schultern hochzieht wirkt verkrampft. Wer dagegen frei im Körper ist, hat auch eine freie Ausstrahlung ganz ohne nachzudenken.

Ihr neues Buch heißt Ohne Worte überzeugen. Was hat Sie dazu bewegt, es zu schreiben?

Ich möchte zeigen: Das, wonach wir suchen, tragen wir längst in uns. Viele lernen Körpersprache, um andere zu beeinflussen. Mein Wunsch ist ein Perspektivenwechsel: Körpersprache nicht als Werkzeug zur Manipulation, sondern als Möglichkeit zur Selbsterkenntnis. Denn oft reagieren andere auf etwas, das wir selbst ausstrahlen, ohne es zu merken. Wir tragen körpersprachliche „Untertitel“ mit uns herum, die unser Gegenüber lesen kann, wir selbst aber nicht.

Was ist denn der größte Irrtum beim Thema Körpersprache?

Dass der erste Eindruck stimmt. Tut er oft nicht. Viele kommen angespannt in ein Meeting, denken noch an etwas Schwieriges – und wirken dann konzentriert bis abweisend. Ich nenne das das „busy Businessgesicht“. Dabei ist das gar nicht so gemeint. Deshalb: Vorher negative Gedanken abschütteln. Und was ganz praktisch gegen Nervosität hilft, ist Lippenflattern. (macht: Brrrr). Der Körper signalisiert dem Gehirn: Alles gut. Und schon wirkt man freundlicher und fühlt sich auch so.

Wie unterscheidet sich Körpersprache zwischen Männern und Frauen – besonders im Beruf?

Deutlich. Es sei denn, Frauen kopieren Männer – was oft passiert. Viele erfolgreiche Frauen übernehmen bewusst männliche Muster, etwa in der Haltung. Grundsätzlich aber gibt es große Unterschiede: Männer stellen sich oft breitbeinig hin, machen sich körperlich groß. Dieses „Ich bin wer“-Auftreten mit erhobenem Brustkorb sieht man vor allem bei Politikern.

Ich denke da an Ex-Bundeskanzler Nehammer …

Genau. Herr Nehammer hat einen sehr hochgezogenen Brustkorb. Das wirkt sich direkt auf die Stimme aus. Faymann war ganz anders: Er hat oft den Hals eingezogen und immer, wenn er etwas sagte, bei dem er sich unwohl fühlte, wippte er leicht nach oben – fast wie abgehoben vom Boden. (steht auf und zeigt das Wippen vor).

Sie machen das sehr gut nach, ich muss wirklich an Faymann denken.

Das ist Teil meiner Methode: die AnLaKa-Methode. Der Name steht einerseits für Andrea Latritsch-Karlbauer, andererseits für meine Werkzeuge: Analyse, Lachen, Karikatur. Ich lasse die Leute gehen, beobachte, analysiere und überzeichne ihren Gang. Karikiere ihn. Genau das öffnet oft Türen. Und plötzlich spüren Menschen zum ersten Mal bewusst, wie sich ihr eigener Gang anfühlt: gebremst, getrieben oder gestresst …

Kommen wir mal zu Ihnen persönlich. Ihr Karriereweg ist ja recht ungewöhnlich – von der Krankenschwester über die Schauspielerei bis zum Coaching. Was ist für Sie der rote Faden?

Ich wollte schon als Jugendliche verstehen, was Menschen wirklich sagen – jenseits der Worte. Damals war das Thema noch kaum präsent, aber ich kam früh mit Pantomime und den Lehren von Samy Molcho in Kontakt. Mich interessiert bis heute: Wie kann man echt sein und trotzdem ernst genommen werden? Und ja, ich weiß, wie sich Unsicherheit anfühlt. Ich war selbst anfangs extrem nervös auf der Bühne. Genau deshalb kann ich heute anderen helfen, in ihre Kraft zu kommen.

Durch die Digitalisierung verlagern sich viele Gespräche ins Virtuelle. Man sieht nur noch Kopf und Schultern – provokant gefragt: wird Körpersprache da nicht überflüssig?

Überhaupt nicht. Viele glauben, der Körper sei im digitalen Raum irrelevant. Doch auch die Stimme, ihr Klang und Rhythmus, wird vom Körper beeinflusst.

Worauf sollte man bei beruflichen Video-Calls achten?

Aufrechte Haltung. Füße hüftbreit am Boden. Das macht den Körper beweglicher und das Gespräch lebendiger. Wichtig sind auch Pausen. Wer einfach durchredet, überfordert sein Gegenüber. Erst die Stille lässt das Gesagte wirken. Und: Viele sitzen da wie in einer Karikatur – oben Hemd, unten Jogginghose. Diese Mischung aus Wohnzimmer und Business hört man. Sie zeigt sich in der Sprache, die ist dann oft fahrig, unklar.

Abschlussfrage: Wenn ich morgen eine schwierige Präsentation habe – was wäre Ihr wichtigster Tipp?

Nutze deine Körpersprache bewusst. Und bring deine Begeisterung mit. Wer innerlich brennt, wirkt automatisch überzeugend und schafft eine Atmosphäre, in der andere gern zuhören.

„Ohne Worte überzeugen“ von Andrea Latritsch-Karlbauer ist im Goldegg-Verlag erschienen und jetzt im Buchhandel erhältlich.

 

M.U.T.letter

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