MUTAUSBRUCH: Klagenfurter Trauerspiel in Dauerschleife

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Wie treffsicher diese oft Wilhelm Busch zugeschriebene Redewendung ist, zeigt sich auf immer wieder beeindruckende Weise in der Landeshauptstadt Klagenfurt. Der Ruf nach einem Regierungskommissär wird lauter.

Die Stadt und die im Ratloshaus tätigen – oder eher untätigen – Politikdarsteller (Politiker sollte man sie aus einem Rest an Respekt dieser wichtigen, wenn auch seit langem schwerst rufgeschädigten Berufsgruppe gegenüber nicht nennen) schaffen es immer wieder, selbst auf dem Boden liegende Latten zu reißen und geringstmögliche Erwartungshaltungen zu enttäuschen. Doch nicht nur die Medien, auch die Bürger scheinen mit ihrer Stadt abgeschlossen zu haben: Selbst die erstaunlichsten Fehlleistungen und peinlichsten Auftritte ernten kaum mehr als ein Schulterzucken.

Budget: bitte warten

So erklärte die umstrittene Finanzreferentin Constance Mochar (SPÖ) schon im März, sie wolle erst nach tiefgreifenden Reformen im Sommer ein Budget vorlegen, was ihr geharnischte Rücktrittsaufforderungen von FPÖ und Liste Scheider eintrug. Doch seitdem herrscht Stille: Weder Bürger noch Medien noch die ohnehin vom budgetären Zustand der Landeshauptstadt alarmierte Gemeindeaufsicht des Landes scheinen sich darum zu kümmern, ob die Stadt einem ordentlichen Budgetbeschluss näherkommt. Auf Hilfe des Landes kann die marode Stadtpolitik nicht hoffen: Finanzlandesrätin Gaby Schaunig hat mittlerweile klargemacht, dass es die Aufgabe der Vertreter der Stadtpolitik sei, „gemeinsam eine nachhaltige und tragfähige Budgetpolitik im Sinne der Bevölkerung und der Unternehmen der Landeshauptstadt sicherzustellen.“

Sparbad statt Spaßbad

Dass dieser laute Appell zur Vernunft in der Stadt auf Verständnis gestoßen ist, darf bezweifelt werden. So wurde erst kürzlich die ewige (Leidens-)Geschichte des Klagenfurter Hallenbades um einen neuen Geistesblitz bereichert: Statt des – ohnehin mit allerlei Problemen konfrontierten – Neubaus solle die Stadt eine Sparvariante um weniger als die Hälfte der veranschlagten 80 Millionen in einer bereits vorhandenen privaten Sporthalle am Südring realisieren. Die Stadt-SPÖ nutzte diesen Vorstoß sofort, um ihre völlige Inkompetenz in Sachen Wirtschafts- und Finanzpolitik offen zur Schau zu stellen. Ihr Vorsitzender, Vizebürgermeister und Kabeg-Gewerkschafter Ronald Rabitsch, hält am geplanten Hallenbadprojekt fest und will stattdessen das erst vor kurzem beschlossene Veranstaltungszentrum auf dem Messegelände verschieben: „Denn was braucht Klagenfurt mehr? Ein Veranstaltungszentrum für 600 Personen oder sanierte, moderne Schulen und Straßen ohne Schlaglöcher?“

Villacher Nachhilfe

Dem Manne kann geholfen bzw. geantwortet werden. Eine Landeshauptstadt braucht selbstverständlich sowohl eine intakte Infrastruktur und moderne Bildungseinrichtungen als auch eine zeitgemäße Ausstattung als Wirtschaftsstandort und Tourismusdestination. Vielleicht sollte Rabitsch bei seinem Parteikollegen und Bürgermeister Günther Albel in Villach ein paar Nachhilfestunden nehmen, wie man erfolgreich eine Stadt weiterentwickelt, denn dort gibt es ein funktionierendes Congress Center UND ein tolles Hallenbad.

Lieber Gebühren erhöhen als Reformen umsetzen

Für die Klagenfurter Wirtschaft ist Rabitschs Schnapsidee ein fatales Signal. „Es kann nicht sein, dass man die Sparpläne auf dem Rücken zukunftsträchtiger Investitionen austrägt. Das geplante Veranstaltungszentrum ist wesentlich, um Klagenfurt als Tagungs- und Kongressstandort weiterzuentwickeln. Wer diesen Plan jetzt streicht, gefährdet nicht nur wirtschaftliche Chancen auch in Zusammenhang mit der Koralmbahn, sondern zeigt, dass man offenbar lieber Gebühren erfindet, als mutige Entscheidungen zu treffen“, kritisiert
der Klagenfurter Wirtschaftsvertreter Franz Ahm.

Kein Budget 2025

Dabei hat die Stadt erst vor wenigen Tagen Mut bewiesen – und Parkgebühren beim Strandbad eingeführt. Ahm: „Die Stadt hat zwar immer noch kein Budget, obwohl das erste Halbjahr bereits fast vorbei ist. Sie hat auch keine Konzepte, wie strukturelle Reformen aussehen könnten; aber anstatt die Verwaltung zu straffen und die Bürokratiekosten drastisch zurückzufahren, erhöht man die Gehälter, dreht an der Gebührenschraube und bittet die Bürger zur Kasse.“

Veranstaltungszentrum bringt Millionen

Dabei sind die Pläne rund um das neue Veranstaltungszentrum im Messeareal nicht nur kulturell, sondern vor allem wirtschaftlich bedeutsam: Eine Studie der Wirtschaftskammer Kärnten zeigt, dass durch die Bauinvestitionen und den laufenden Betrieb des Veranstaltungszentrums Klagenfurt rund 10,4 Millionen Euro an regionaler Bruttowertschöpfung entstehen. Jährlich kommen durch touristische Effekte bis zu 37 Millionen Euro dazu, weitere bis zu 16 Millionen Euro an Steuern und Abgaben. Dieses Projekt will Rabitsch also verschieben, damit das Hallenbad gebaut werden kann, das – im besten Fall – einen Abgang von rund 500.000 Euro pro Jahr verursachen wird.

Unter Kuratel stellen

Angesichts dieser wirtschaftlichen Ahnungslosigkeit wäre das Land Kärnten gut beraten, das Klagenfurter Trauerspiel in Dauerschleife zu beenden. Schon im Oktober vergangenen Jahres bezeichnete die Gemeindeaufsicht die Budgetsituation der Landeshauptstadt als „bereits eingetretenen haushaltsrechtlichen und finanzwirtschaftlichen Problemfall“. Sie sollte den entscheidenden Schritt weiter gehen und für die Landeshauptstadt einen Regierungskommissär einsetzen.

M.U.T.letter

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