MUTAUSBRUCH: Das Ratloshaus

Seit Jahren ist Klagenfurt so etwas wie der Running Gag unter den Landeshauptstädten. Kaum eine Woche vergeht, in der Neu-Schilda sein – leider zahlendes – Publikum nicht mit neuen Schnurren, Schlamasseln und Skandalen unterhält. Doch jetzt ist Schluss mit lustig: Der Witz vom Wörthersee ist pleite und kann sich nicht einmal mehr die Weihnachtsbeleuchtung leisten.

Politisch-moralisch ist das Klagenfurter Ratloshaus schon lange bankrott, doch jetzt droht auch die finanzielle Insolvenz: Schon vor zwei Jahren weigerte sich der Leiter der Finanzabteilung, seine Unterschrift unter den Budgetentwurf zu setzen, heute ist man einen entscheidenden Schritt weiter und bringt für das kommende Jahr gleich gar keinen Haushalt zusammen, weil eine Lücke von anfänglich 53, nach Streichorgien immer noch 22 Millionen Euro klafft. Gestrichen wird, wohl gemerkt, an allerlei Leistungen für die Bürger der Stadt; intern rigoros auszumisten, ist den Stadtpolitikern noch nicht in den Sinn gekommen. Letzter Schildbürgerstreich: Nicht einmal mehr für die Weihnachtsbeleuchtung ist genügend Geld da. Vielleicht sollten sich Stadtsenat und Gemeinderat mit Kerzen in der Innenstadt aufstellen und den italienischen Christkindlmarkt-Touristen heimleuchten.  

Fehlende Führungsqualität

Volksmund tut Wahrheit kund: Auch in Klagenfurt beginnt der Fisch vom Kopf zu stinken. War die Landeshauptstadt in der Vergangenheit mit dem ersten Wohnhochhaus, der ersten Fußgängerzone und dem ersten Fernheizkraftwerk Österreichs ganz vorne dabei, so findet der dramatische Niedergang der Stadt in den vergangenen Jahren unter Christian Scheider statt, Bürgermeister von 2009 bis 2015 und neuerlich seit 2021. Die Frage muss erlaubt sein, ob es an seinen fehlenden Führungsqualitäten liegt, dass die Landeshauptstadt in den vergangenen Jahren dermaßen dramatisch aus dem Ruder gelaufen ist.  

Stadt als Selbstbedienungsladen

Bestes Beispiel dafür ist der jahrelang schwelende Skandal rund um Magistratsdirektor Peter Jost, der Scheider und die ganze Stadt durch die öffentliche Manege geführt hat. Seine und anderer Politgünstlinge satte Überstundenabrechnungen helfen nicht, die finanzielle Lage der Stadt zu verbessern – Überstunden, die es beispielsweise im Magistrat Villach aufgrund der (in der Privatwirtschaft völlig üblichen) All-in-Verträge in der Führungsetage gar nicht gibt. Deshalb kommen dort die Mitarbeiter im Schnitt auf 2,9 Überstunden pro Person und Monat, in Klagenfurt sind es 3,7 (2022).  

Überstundenparadies

Franz Miklautz, als „Mediapartizan“ Kärntens erster und einziger Investigativjournalist, hat kürzlich auf Facebook vorgerechnet: „Noch ein kleines Bonmot, das das Sittenbild, das die Stadt Klagenfurt abgibt, wohl unnachahmlich verdeutlicht: Im Jahr 2020 sammelte die Berufsfeuerwehr Klagenfurt am Wörthersee 43.147 geleistete Überstunden an. Die Abt. Straßenbau/Verkehr rund 7.700. Und die Magistratsdirektion gut 4.280. Die Abteilung Kontrolle, gemeint wohl das Kontrollamt/Stadtrechnungshof, satte 103. Mir wär lieber, es wär andersrum.“ Bei der Feuerwehr arbeiten überhaupt besonders fleißige Leute: Im Corona-Jahr 2021 kamen auf 83 Mitarbeiter 86.249 Überstunden, das sind 1039 Überstunden pro Kopf. Bei durchschnittlich rund 1700 Arbeitsstunden pro Jahr in Österreich müssen die Kameraden tatsächlich rund um die Uhr geschuftet haben. 

Leerstandsabgabe – einmal anders

Interessant wäre auch von den Verantwortlichen zu erfahren, wie es zu erklären ist, dass gleich Dutzende generalsanierte Gemeindewohnungen einfach leergestanden sind – manche, so die „Kleine Zeitung“ bis zu fünf Jahre lang. Auch eine Art städtischer Leerstandsabgabe – aber für die Bürgerinnen und Bürger, in Höhe hunderttausender Euro.  

Reihenhaus-Bruderschaft

Zum Postenschacher rund um den Bürgermeister gesellt sich aber noch der Wohnungsschacher bei „Klagenfurt Wohnen“: Während Wohnungsinteressenten monatelang auf eine etwaige Zuweisung von Wohnungen warten, wurde einem Stadtmitarbeiter auf Intervention zweier ehemaliger Stadtsenatsmitglieder innerhalb von zwei Wochen eines von sieben Reihenhäusern von Klagenfurt Wohnen zugeschanzt. So ein Zufall, dass dessen Bruder nicht nur bei Klagenfurt Wohnen beschäftigt war, sondern auch selbst seit mehreren Jahren eines der Reihenhäuser bewohnte, kritisierte sogar der LRH. Folgen: keine.  

Diese Landeshauptstadt ist ein Schandfleck. Die Kärntner Gemeindeordnung kennt die Möglichkeit der Bestellung eines Regierungskommissärs. Es ist Zeit.

M.U.T.letter

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