MUTAUSBRUCH: Das Ratloshaus in Aufruhr

Jetzt hat es die Stadt Klagenfurt amtlich, schwarz auf weiß: Sie steckt bis zum Hals in finanziellen Schwierigkeiten. In einem siebenseitigen Schreiben bestätigt die „Landesabteilung 3 – Gemeinden und Katastrophenschutz“ – in diesem Fall eine äußerst stimmige Kombination –, was die Spatzen seit Monaten von den Dächern pfeifen. Für die unterinformierten und überforderten Mitglieder des Gemeinderats dürfte allerdings neu sein, dass sie für die Millionenlöcher im Stadtbudget zur Verantwortung gezogen werden könnten.

Der Klagenfurter Investigativjournalist Franz Miklautz veröffentlichte die sieben Seiten Schande im Zuge der jüngsten, geplatzten Gemeinderatssitzung. Selbst im gehobenen Amtsdeutsch ist die Verärgerung der Gemeindeaufsichtsbehörde deutlich spürbar. Die „inneren Darlehen“ der Stadt machen offenbar den Landesbeamten mehr Sorgen als der Stadt selbst. Immerhin geht es um satte 67 Millionen Euro, die sich die klamme Stadt bei ihrem eigenen Gebührenhaushalt – genauer: bei den Rücklagen für den Neubau der schwer in die Jahre gekommenen Kläranlage – ausgeborgt hat.

Rückzahlung unrealistisch

Das wäre noch kein Verbrechen, wenn das Geld binnen überschaubarer Zeiträume zurückgezahlt würde. Damit schaut es aber schlecht aus: Denn leider, so teilte die Stadt ihrer Aufsichtsbehörde schon im März kleinlaut mit, „…erscheint die rechtzeitige Rückführung innerer Darlehen, vor allem in Hinblick auf einen geplanten Baubeginn 2026, ohne massive Gegensteuerungs- und Konsolidierungsmaßnahmen als unrealistisch.“

Gehaltserhöhung statt Nulllohnrunde

Von Konsolidierung kann angesichts der XXL-Spendierhosen von Bürgermeister Scheider, der in der jüngsten Gemeinderatssitzung – trotz mangelnden Budgets und Zwölftelregelung – eine Gehaltserhöhung für die 1600 Mitarbeiter von 3,5 Prozent durchpeitschen wollte, gar keine Rede sein. Andere Parteien wie die ÖVP hatten eine Nulllohnrunde gefordert. Die genervten Landeskontrolleure erteilen ihren städtischen Kollegen daher eine Nachhilfestunde in Sachen Gemeindehaushaltsgesetz, in dem schnörkellos festgehalten wird, dass „ein ausgeglichener Haushalt anzustreben ist“.

„Finanzwirtschaftlicher Problemfall“

Dann kommt es für die Landeshauptstadt knüppeldick: Ein derartiges – verfassungsrechtlich verankertes – Bestreben für die Haushaltsführung sei angesichts der Rückantworten durch die Stadt Klagenfurt und medialen Berichterstattungen für die Gemeindeaufsichtsbehörde nicht erkennbar. In bestem Amtsdeutsch: „Die Abteilung 3 betrachtet die Auskunft über die Nicht-Rückzahlbarkeit der Inneren Darlehen in Höhe von EUR 67 Mio. aufgrund der vorliegenden Zahlen, Daten und Fakten als nicht mehr ein theoretisches Szenario, sondern stellt dies einen bereits eingetretenen haushaltsrechtlichen und finanzwirtschaftlichen Problemfall der Stadt Klagenfurt dar.“

MUTAUSBRUCH: Das Ratloshaus in Aufruhr
Das kleine Städtchen Schilda, idyllisch am Wörthersee gelegen, hat Weihnachtspost bekommen: Die Aufsichtsbehörde warnt vor einer finanziellen Katastrophe, sogar die Gemeinderäte müssen mit Konsequenzen rechnen. (Foto: Klagenfurt/SK/Schrottshammer)

Werden die Bürger ein zweites Mal zur Kasse gebeten?

Unter dem Aspekt der nunmehr fehlenden Mittel im Abwasserhaushalt sei diese Situation – sowohl für die Stadt als Gebietskörperschaft als auch für die Gebührenzahlerinnen für diesen Betrieb mit marktwirtschaftlicher Tätigkeit – als noch gravierender einzustufen, schreibt das Land. Und skizziert die möglicherweise dramatischen Folgen für den Steuerzahler: „Die Beantwortung durch die Stadt Klagenfurt in Bezug auf fehlende Mittel zur Rückzahlung der inneren Darlehen sowie des geplanten Baubeginns der Kläranlage würden sowohl a) eine dauerhafte Entnahme aus dem Betrieb mit marktwirtschaftlicher Tätigkeit darstellen und b) würden die Mittel für die Kläranlage fehlen und die Finanzierung müsste – trotz Vereinnahmung der Gebühren – anderweitig aufgefüllt werden und wiederum durch Gebühren (und somit womöglich doppelt) durch die GebührenzahlerInnen ausfinanziert werden.“

Rute im Fenster

Nach ausführlichen Planrechnungen, ob das Loch im Stadtbudget nun fast 53, 32 oder 22,6 Millionen tief ist, stellt die Gemeindeaufsicht nicht nur dem Bürgermeister, sondern dem gesamten Gemeinderat unübersehbar eine meterhohe Krampusrute ins Fenster: „Eine Nichteinhaltung dieser Vorgaben würde aus Sicht der Gemeindeaufsichtsbehörde einen bewussten Missbrauch der Befugnisse (konkret: Unterlassung von Pflichten) der relevanten Entscheidungsträger darstellen. Die Gelöbnisformel in § 21 Abs. 3 K-KStR und die daraus resultierenden Pflichten der Mitglieder des Gemeinderates stellen die (verfassungs-) rechtlichen Rahmenbedingungen in der Ausübung ihrer Funktion dar.“

Gemeinderäte uninformiert?

„Das vorliegende Schreiben ist dem Gemeinderat der Stadt Klagenfurt in der kommenden Sitzung des Gemeinderates vollinhaltlich und nachweislich zur Kenntnis zu bringen“, schließt das Schreiben. Doch leider, schreibt die Kleine Zeitung unter dem Titel „Chaotische Szenen: Bürgermeister Scheider beendete schlagartig Gemeinderatssitzung“ hatte viele Mandatare keine Ahnung, worauf sie sich da eingelassen haben. Der stellvertretende Magistratsdirektor versuchte, in einer Sitzungsunterbrechung Beweise dafür heranzuschaffen, dass er alle Klubs über das Schreiben der Gemeindeaufsicht informiert hätte. Warum der Stellvertreter? Die geplante offizielle Bestellung der künftigen Magistratsdirektorin Isabella Jandl scheiterte daran, dass die Gemeinderatssitzung schon wegen ihrer Tagesordnung platzte. Frohe Weihnachten, Schilda am Wörthersee.

Was bisher geschah, lesen Sie in der vorhergehenden Kolumne „Das Ratloshaus“.

M.U.T.letter

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