Was der Kärntner Kultursommer 2025 Einheimischen und Touristen im Sommer zu bieten hat, ist an Dichte und Vielfalt kaum zu überbieten. Ob Klassik, Pop, Jazz oder Crossover – M.U.T. verrät in zwei Teilen, wer wann wo Musik macht.
Was hören wir uns heute an? Wer diese Frage im Kärntner Kultursommer entscheiden will, hat eher das Problem der zu vielen als der fehlenden Optionen. Und das betrifft nicht nur die Einheimischen. Der Tourismus Monitor Austria („T-Mona“, Details hier ) hat für den Sommer 2023 erhoben, dass 11 Prozent der in Österreich Urlaubenden angeben, dezidiert einen „Kultururlaub zu machen“. Von diesen kommen 22 Prozent aus Deutschland, 20 Prozent aus Österreich und sieben Prozent aus Italien. Sie geben täglich deutlich mehr Geld als der Durchschnitt aus (199 statt 173 Euro) und 72 Prozent von ihnen empfehlen den Urlaub weiter. Fast ein Drittel wohnt übrigens in 4-Sterne-Hotels!
Die Kärnten Werbung bestätigt in ihrer Auswertung der T-Mona-Befragung vom Sommer 2024, dass 11 Prozent der Kärnten-Urlauber eine Musikveranstaltung besuchen (14 Prozent Museen, 48 Prozent Sehenswürdigkeiten). Kein Wunder also, dass sie inzwischen einen gut gewarteten Veranstaltungskalender online gestellt hat, der über das umfassende Angebot informiert: „Kärnten – Kultur in Hülle und Fülle“. Man könnte mit Blick auf unsere kulturbegeisterten deutschen Gäste auch sagen: „Klotzen statt Kleckern“. Kultur ist eindeutig ein wichtiger Wirtschaftsfaktor!
Wir haben uns angesehen, wo es sich lohnt hinzugehen und wie hoch die jeweiligen Festivals vom Land subventioniert werden (wo vorhanden Zahlen aus dem Kulturbericht 2023). Das ist allerdings nur die „halbe Wahrheit“. Dazu kommen nämlich jeweils oft auch Unterstützungen von Bund und Städten/Gemeinden sowie Geld von privaten Sponsoren. Letztere machen sich aber in Kärnten im Vergleich zu Nobeldestinationen wie Salzburg, Bregenz oder Wien eher rar. Es fehlen die großen internationalen Firmenzentralen mit Hang zu Prestige. Wie dem auch sei – rein ins Vergnügen!
Carinthischer Sommer
Kärntens größtes Musikfestival „Carinthischer Sommer“ glänzt in der zweiten Saison seiner neuen Intendantin Nadja Kayali mehr denn je durch Alleinstellung. Vergessen sind die Zeiten mit oft krampfhaft auf untaugliche Bühnen gehievten Kirchenopern oder konservativ verstaubter Sommer-Dauerbeschallung. Das Festival konzentriert sich im Wesentlichen auf den Juli, in dem an unterschiedlichsten Spielorten drinnen und draußen ein buntes und dabei höchst niveauvolles Programm zwischen Klassik und Crossover geboten wird. Was Salzburg oder Bregenz vielleicht an Prestige voraus haben, gleicht der Carinthische Sommer durch Vielfalt, Originalität und vor allem erschwingliche Preise aus. Der CS wird jünger: Kinder bis 12 Jahre haben freien Eintritt, für Jugendliche bis 26 Jahre gibt es günstige Karten um 15 Euro.
Highlights im Programm sind etwa die Uraufführung des neuen Klarinettenkonzerts des österreichischen Komponisten HK Gruber (5.7.) und dessen Welthit „Frankenstein“ mit dem Orchestra in Residence, dem RSO, Radio-Symphonieorchester Wien. Gruber wird hier auch selbst dirigieren. Die im Vorjahr gestartete Kooperation mit diesem herausragenden Klangkörper ist ein Glücksfall für das Festival. Das Orchester wird auch einen romantischen Abend mit Dvoraks 8. Symphonie und dem Brahms-Doppelkonzert und den beiden Solistinnen Veronika Eberle (Violine) und Julia Hagen (Cello – Festival Artist) sowie Dirigentin Yi-Chen Lin gestalten.
Außerdem das Abschiedskonzert von RSO-Chefdirigentin Marin Alsop, die Wien verlassen wird. Die US-Amerikanerin ist mit einem höchst kulinarischen Programm unter dem Titel „West Side Stories“ und Gershwins Cuban Ouverture sowie Bernsteins West Side Story Dances angekündigt (Solistin: Claire Huangci, Klavier, 23.8.). Eine wahre Monsteraufgabe hat sich das Eliot (Streich-)Quartett vorgenommen. Es wird zwischen 26. Juli und 2. August sämtliche 15 Streichquartette von Dmitri Schostakowitsch aufführen, dessen Todestag sich heuer im August zum 50. Mal jährt.
Weibliche Note
Zur Musik treten Literatur und Diskurs, wie es Kayali im Programmfolder ankündigt. Abende mit Burgtheater-Star Joachim Meyerhoff, der aus seiner mehrteiligen und bestsellenden Autobiografie liest oder seine Kollegin Birgit Minichmayr mit Gedichten und Gedanken zur Kärntner Malerin Maria Lassnig, dazwischen Bariton Georg Nigl begleitet von Pianistin Olga Pashchenko mit Liedern von Robert Schumann (20.7.).
Dazu kommen die beliebten Morgenkonzerte in der evangelischen Kirche im Villacher Stadtpark mit ganz unterschiedlichen Programmen, die Musikwanderung, eine Kinonacht mit Murnaus Stummfilmklassiker „Tabu“ und Live-Musik des Ensembles NeuRaum unter der Leitung des Kärntner Komponisten Bruno Strobl (10.7.) oder zeitgenössischer Tanz („Feminine Moves“ mit dem Studio Dan, 13.7.).
Auch zwei Jazzkonzerte sind diesmal im Programm: Christian Muthspiels „Orjazztra“ mit einem dem konkreten Poeten Ernst Jandl gewidmeten Abend und die talentierte jungen österreichische Saxophonistin Yvonne Moriel und der Kärntner Sängerin und Autoharp-Artistin Anna Anderluh (29.7.). Positiv Auffällig ist jedenfalls die weibliche Note in der Programmgestaltung. Es lohnt sich im Programm zu schmökern, das noch viele weitere Juwelen birgt.
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Subvention des Landes: 456.000 Euro (2023 lt. Kulturbericht)
Musikwochen Millstatt
Die Musikwochen Millstatt gehören zu den ältesten Festivals in Kärnten. 1977 im Rahmen der Feiern zu „900 Jahre Stift Millstatt“ gegründet, bieten sie heute ein sehr abwechslungsreiches Programm von Ende Mai bis in den Oktober. Neben der Künstlerstadt Gmünd und den Komödienspielen in Porcia ist Millstatt der wichtigste kulturelle Anker in Oberkärnten.
Das Trio Bernhard Zlanabitnig, Stefanie Glabischnig und Gerlinde Horner-Pichler hat ein vielfältiges Programm zusammengestellt. Es beginnt mit der Vienna Brass Connection (25.5.), die sich aus Musikern von bekannten Orchestern formiert hat und adaptierte Werke von Klassik bis Pop interpretiert und endet mit einem vom Ehepaar Andreas Schager (Tenor) und Lydia Baich (Violine) plus einer Klavierbegleitung gestalteten Abend zu Wagners „Siegfried auf Abwegen“ (5.10.).
Dazwischen geht man auch so anspruchsvolle Projekte wie Mendelssohns Oratorium „Elias“ an (29.6. zusammen mit dem Kultursommer St. Paul), wo der Kärntner Landesjugendchor gemeinsam mit der Camerata Sinfonica Austria unter Davorin Mori musiziert. Hier setzt man also zwischen dem üblichen Tourneeprogramm immer wieder auf heimische Kräfte.
Weitere Highlights: Die Meisterklasse für Gesang mit dem berühmten Sänger Thomas Hampson (Abschlusskonzert am 16.7.), der FUNtango-Abend mit den singenden Geschwistern Bernarda und Marcos Fink und einer Band rund um den Geiger Benjamin Ziervogel (27.7.), Alte Musik (Barockensemble Concert Royal, Köln, 3.8. oder BachWerkVokal Salzburg mit venezianischer Musik von Vivaldi bis Cavalli, 28.9.).
Dass die Stiftskriche Millstatt über eine der besten Orgeln weit und breit verfügt, wird Arjan Breukhofen (21.9.) unter Beweis stellen. Auch hier überschreitet man gerne die Grenzen in Richtung Populärmusik: Z.B. am 20.8. mit „Eddie Luis und Die Gnadenlosen“, die eigentlich im Hot-Jazz, der Swing-Ära und im Schlager daheim sind, sich im aktuellen Programm aber mit Größen des Austropop befassen.
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Subvention des Landes: 120.000 Euro (2023)
Trigonale – Festival für alte Musik
Seit vielen Jahren international etabliert und durchaus auf einem Niveau mit der Konkurrenz in Wien und Innsbruck findet das Festival „Trigonale“ jede Menge Anhänger. Was da an spezifisch für das Festival zusammengestellten Programmen, in das zunehmend auch heimische Kräfte eingebaut werden, geboten wird, begeistert. Originalinstrumente, historisch informierte Aufführungspraxis, geistliche und weltliche Musik auf allerhöchstem Niveau – Intendant Stefan Schweiger versteht es, mit familiärer Atmosphäre MusikerInnen und Publikum in den Bann exotischer Klänge weit jenseits des klassischen Mainstream zu ziehen.
Die jeweils unter einem Motto stehenden Konzerte („Maria – Jungfrau. Mutter. Königin“ oder „Lagrime di San Pietro“) finden von 23. Mai bis 28. Juni und von 15. August bis 31. Oktober an Spielorten in Mittelkärnten statt. Besorgen Sie sich jedenfalls eines dieser im Reclam-Format liebevoll gestalteten Programmbüchlein! Intendant Schweiger ist übrigens auch ein hervorragender Tontechniker und Fotograf.
Dieses Festival hat eine im Vergleich riesige Fangemeinde. Neben den kleiner besetzten Werken traut man sich auch richtig große Brocken wie die Coronation Anthems von Georg Friedrich Händel zu (14.9.) – mit dem Chor der Slowenischen Philharmonie und großem Orchester unter der Leitung von Andreas Lackner.
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Subvention des Landes: 172.500 Euro (2023)
Festspiele Taggenbrunn
Mit großem Aufwand hat der Uhrenhersteller Alfred Riedl sein Schloss Taggenbrunn renoviert und umgebaut. Im Veranstaltungssaal finden die Festspiele Taggenbrunn statt. Hier reiht man sich ein in die Kärntner Anbieter von anspruchsvollem Tourneeprogramm.
Darunter Jazz mit alpinem Einschlag von Trompeter Thomas Gansch, dem Kärntner Bassisten Lukas Kranzelbinder und dem radio.string.quartet (28.5.). Außerdem die beliebten Philharmonix aus Musikern der Wiener und Berliner Philharmoniker (31.5.) oder zwei Abende mit dem Sänger und Schauspieler Max Müller (21./ausverkauft und 22.5.).
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Subvention des Landes: 107.000 (2023)
Klagenfurt Festival
Wer anspruchsvollen Pop und „Indie“ liebt, kommt beim Klagenfurt-Festival auf seine Kosten. Von Austrofred über Buntspecht (beide 23.5.), Soap&Skin (24.5.), The Tiger Lillies (26.5.), Coco Rosie (27.5.), Grandbrothers (29.5.), Kovacs (30.5.), das russische Punk-Ensemble Pussy Riot (1.6.), Bibiza (6.6.) bis hin zu Clara Luzia (8.6.) reicht das anspruchsvolle Programm zur Belebung von Klagenfurts Vorsaison. Geboten werden neben Konzerten auch Theater und Lesungen.
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Subvention der Stadt: ca. 100.000 Euro laut Magistratspressedienst
Teil zwei wird sich in Kürze vor allem auch mit den kleineren Festivals und Musikevents beschäftigen.