In Österreich ist ehrenamtliches Engagement tief verwurzelt, von Freiwilligen Feuerwehren bis zu Rettungsdiensten. Doch wie verträgt sich das mit den betrieblichen Anforderungen in einer Zeit, wo jedes Unternehmen effizient funktionieren muss? Große Firmen finden oft flexible Lösungen, kleine Betriebe stehen jedoch vor Herausforderungen, wenn sie MitarbeiterInnen für den ehrenamtlichen Dienst freistellen sollen, ohne den Geschäftsbetrieb zu gefährden.
Dieses Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und betrieblicher Realität beleuchtet die Notwendigkeit, das Ehrenamt weiter zu fördern, ohne die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen zu untergraben. Denn unsere Alpenrepublik hat eine lange Tradition des ehrenamtlichen Engagements. So wird in vielen Lebensbereichen auf die Hilfe freiwilliger UnterstützerInnen zurückgegriffen:
- Katastrophenschutz und Feuerwehr: Freiwillige Feuerwehren (allein 398 in Kärnten) sind eine der bekanntesten Formen des Ehrenamts, insbesondere in ländlichen Gebieten. Im Fall von Naturkatastrophen wie Hochwasser, Lawinen oder Stürmen sind sie oft die erste Rettungsinstanz.
- Gesundheits- und Sozialdienste: Viele Rettungsorganisationen, wie das Österreichische Rote Kreuz oder die Johanniter, sind stark auf ehrenamtliche Mitarbeit angewiesen.
- Kulturelle und sportliche Vereine: In Sportvereinen, Kulturinstitutionen oder bei Jugendorganisationen wie den Pfadfindern spielen Ehrenamtliche eine tragende Rolle.
- Bildung und Sozialarbeit: Auch im Bildungssektor, etwa bei Nachhilfeprogrammen oder in der Seniorenbetreuung, engagieren sich zahlreiche Menschen freiwillig.
Gesetzliche Regelungen – Was ist erlaubt?
Für ArbeitgeberInnen stellt sich oft die Frage: Wann dürfen MitarbeiterInnen freigestellt werden, um sich ihrem Ehrenamt zu widmen? In Österreich regelt das Katastrophenhilfe- und Feuerwehrgesetz, dass ArbeitnehmerInnen im Fall von Katastrophen (wie Hochwasser, Bränden oder Erdbeben) freigestellt werden müssen, wenn sie in einem ehrenamtlichen Einsatz involviert sind. Dies gilt insbesondere für Einsatzkräfte der freiwilligen Feuerwehr, des Roten Kreuzes oder anderer Hilfsorganisationen.
Gelebte Praxis in österreichischen Unternehmen
In der Praxis hängt es stark von der jeweiligen Unternehmenskultur ab, wie großzügig Freistellungen für ehrenamtliche Tätigkeiten gehandhabt werden. Große Unternehmen mit starkem regionalem Bezug wie in Kärnten, bieten oft flexible Lösungen an, damit MitarbeiterInnen in Notsituationen unterstützen können. Gerade Firmen, die in den betroffenen Regionen ansässig sind, sehen dies als Teil ihrer gesellschaftlichen Verantwortung.
Ein Beispiel ist die Kelag, die als großer Energieversorger in Kärnten nicht nur ehrenamtliche Aktivitäten ihrer MitarbeiterInnen unterstützt, sondern auch aktiv als Sponsor für Feuerwehren oder Rettungsdienste auftritt. Auch bei Infineon, einem der größten Arbeitgeber der Region, werden in Ausnahmefällen flexible Arbeitszeitenmodelle angeboten, um den Freiwilligen die Teilnahme an Einsätzen zu ermöglichen.
Herausforderungen und Problempunkte
Allerdings gibt es auch Herausforderungen: In Zeiten von Personalmangel oder besonders wichtigen Projekten kann es für kleinere Betriebe schwer sein, MitarbeiterInnen freizustellen, ohne den Betriebsablauf zu gefährden.
Dies ist besonders problematisch, wenn es – wie im September 2024 – zu großflächigen Hochwassereinsätzen kommt, bei denen hunderte Feuerwehrleute und andere freiwillige HelferInnen über Wochen im Einsatz sind. Unternehmen, die viele ehrenamtlich engagierte MitarbeiterInnen beschäftigen, müssen hier oft zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und wirtschaftlichen Interessen abwägen.
Zudem wird oft bemängelt, dass es keine einheitlichen Richtlinien für die Freistellung gibt. Dies führt dazu, dass die Handhabung stark von der Kulanz des Betriebs abhängt und Ehrenamtliche manchmal vor dem Dilemma stehen, zwischen Arbeitsplatz und ihrer wichtigen Tätigkeit entscheiden zu müssen.
Ehrenamt als Herausforderung und Chance
Das Ehrenamt ist aus der österreichischen Gesellschaft nicht wegzudenken und trägt entscheidend zur Sicherheit und sozialen Stabilität bei. Es spielt jedoch nicht nur in Krisenzeiten eine zentrale Rolle in unserer Gesellschaft, sondern auch in vielen wirtschaftlichen Strukturen, ohne die der tägliche Betrieb kaum denkbar wäre. Neben freiwilligen HelferInnen in der Feuerwehr oder im Rettungsdienst gibt es zahlreiche FunktionärInnen, die sich in der Wirtschaft engagieren – und das ebenfalls ohne Bezahlung.
UnternehmerInnen wiederum können von einer gut organisierten Freistellung profitieren. Ehrenamtliche Mitarbeitende bringen wertvolle soziale Kompetenzen und eine hohe Motivation mit, die auch im beruflichen Alltag spürbar sind.
Die Politik hat mit der Verabschiedung des Freiwilligengesetz in 2023 Weichen für die Anerkennung dieses gesellschaftlichen Beitrags gestellt. Doch die rechtlichen Voraussetzungen, um das Ehrenamt für Betriebe einfacher umsetzbar und leistbar zu machen, sind noch nicht verbessert. Nur so kann aber das Zusammenspiel von wirtschaftlicher Leistung und ehrenamtlichem Engagement auf Dauer gesichert werden. Dazu braucht es klare, gesetzliche Rahmenbedingungen, die sowohl den Einsatz der Ehrenamtlichen als auch die Planbarkeit für ArbeitgeberInnen sicherstellen. Die Politik ist hier im nächsten Schritt gefordert, zeitgemäße Lösungen zu schaffen, die Unternehmen entlasten und gleichzeitig das Ehrenamt fördern.