Es fährt ein Zug nach nirgendwo

Während das Cargo Center Graz wächst und investiert, sprießen zwischen den Gleisen des LCA Süd in Fürnitz die Gänseblümchen. Kommen die ÖBB ihren Versprechen nicht endlich nach, ist der Zug für eine internationale Warendrehscheibe im Raum Villach wohl endgültig abgefahren.

Am 29. Feber war es nach jahrelanger Überzeugungsarbeit soweit: In der angemessen feierlichen Atmosphäre des Spiegelsaals in der Kärntner Landesregierung unterzeichneten Landeshauptmann Peter Kaiser, Logistik- und Wirtschaftslandesrat Sebastian Schuschnig sowie ÖBB-Vorstandsvorsitzendem Andreas Matthä ein „Memorandum of Understanding“, wonach am Standort des Logistik Center Austria Süd in Villach-Fürnitz gemäß dem ÖBB-Rahmenplan 2024-2029 insgesamt 72,8 Millionen Euro vom Bund investiert werden. Von enormen Chancen, transeuropäischen Netzen, internationaler Sichtbarkeit und exzellenter Lage war die Rede.

Cargo Terminal Graz zieht davon

Ein halbes Jahr später ist der einzige österreichische Logistik-Hub, der für Schlagzeilen sorgt, das Cargo Center (künftig Cargo Terminal) Graz. Kein Wunder, wurde doch der Standort in Werndorf soeben um 70 Millionen Euro mit neuen Krananlagen und Lagerhallen aufgewertet. Das frisch-saftige Ziel der Steirer: „Mit dem jetzigen Ausbau wollen wir im Ranking unter die Top drei der großen Güterverkehrszentren in Europa kommen“, erklärt Robert Brugger, Geschäftsführer des CCG. Die bisher umgeschlagenen 240.000 TEU (Twenty-Foot Equivalent Unit, also ein 20 Fuß oder sechs Meter langer Standardcontainer) pro Jahr sollen verdoppelt werden, die Logistikdrehscheibe will „ihre Rolle als multifunktionales Güterverkehrszentrum mit maritimer und kontinentaler Ausrichtung ausspielen“, schreibt das Branchenblatt „Verkehr“. Und erst vor wenigen Tagen informierte das CCG darüber, dass der Bahnanschluss an die Koralmbahn nun auch fertiggestellt sei.

Es fährt ein Zug nach nirgendwo
Im Cargo Center Graz stapeln sich die Container, im LCA Süd warten die Kräne auf bessere Zeiten. (Foto: CCG, WKK)

Koper daily

Schon heute ist die regionalwirtschaftliche Bedeutung des künftigen Cargo Terminal Graz (CTG) nicht zu unterschätzen: Der Hub ist bestens vernetzt mit den Adria-Häfen Koper, Triest und Rijeka, über die Koralmbahn will man ab Ende 2025 den Aktionsradius bis nach Genua ausweiten. Josef Müller im „Verkehr“: „So rollen zum Beispiel täglich Züge zwischen Koper und Werndorf mit Containern an Bord, die von der CCG-eigenen Logistik-Plattform organisiert werden. Auf diesen Zügen, die vom CCG beim Traktionär Adria Transport mehrheitlich eingekauft und von diesem operativ abgewickelt werden, findet sich viel Cargo für Lidl, der das CCG seit Jahren als europäisch ausgerichtete Drehscheibe nutzt. Der Diskonter hat mit Tailwind eine eigene Reederei gegründet und bringt mit eigenen Schiffen viel Ladung aus Fernost nach Koper.“

„Keinen Schritt weiter“

Für das LCA Süd ist das alles Zukunftsmusik. Und wird es auch bleiben, fürchtet Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl, der nun einen „Weckruf der Wirtschaft“ absetzte, der an Klarheit nichts zu wünschen übrigließ: „Wir sind unserem Ziel, Fürnitz am Schnittpunkt der Western-Alpine-Balkan- und der Baltisch-Adriatischen-Achse zu einem europaweiten Logistik-Hub auszubauen, in den vergangenen Monaten keinen Schritt nähergekommen. Die ÖBB sind gefordert, ihre Zusagen zügig auf Schiene zu bringen.“

Es fährt ein Zug nach nirgendwo
Während das Cargo Center Graz expandiert, bleibt das LCA Süd in Fürnitz hinter seinen Versprechungen zurück. (Foto: CCG, WKK)

Tempo und Professionalität

Im Memorandum sei die Rede davon, dass das Logistik Center Austria Süd auf dem besten Wege sei, angesichts seiner exzellenten geografischen Lage eine führende Warendrehscheibe in Europa zu werden. Doch die Realität sehe ganz anders aus: Während das CTG soeben mit einer Investition von 70 Millionen Euro in zusätzliche Portalkräne und Lagerkapazitäten europafit gemacht worden sei, würden in Fürnitz die Gänseblümchen zwischen den verwaisten Gleisen wachsen. Mandl: „Ich gratuliere unseren AREA-Süd-Partnern in der Steiermark zu diesen Fortschritten. Sie zeigen auf beeindruckende Weise, wie erfolgreiche Kooperation zwischen Wirtschaft und Politik aussieht. Sie führen uns aber auch vor Augen, dass Kärnten dramatisch an Tempo und Professionalität zulegen muss, wenn wir die Chancen des zweitgrößten Wirtschaftsraums in Österreichs nutzen wollen.“

Taten gefordert

Die Inbetriebnahme der gesamten Koralmbahnstrecke im Dezember 2025 rücke Kärnten endgültig ins wirtschaftliche Zentrum Europas und verbessere deutlich seine Bedeutung und Funktion im Alpen-Adria-Raum. Nach dem Zeitalter der Straße würden sich die Warenströme künftig allerdings immer mehr auf die Schiene verlagern. „Kärnten kann sich hier immer noch als wichtige Logistikplattform zwischen Zentral-, Süd- und Südosteuropa positionieren, wenn das LCA Süd, das dank unserer Initiative auch Teil des europäischen TEN-Kernnetzes ist, ausgebaut und weiterentwickelt wird. Der Ball liegt bei den ÖBB, wir wollen endlich Taten sehen; der Worte sind genug gesprochen“, verlangt Mandl mehr Einsatz für den Logistikstandort Kärnten.

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