Wenn Politiker und Wirtschaftsvertreter den Export immer wieder als Lebensader, als Wachstumsmotor, als Arbeitsplatzgaranten der Kärntner Wirtschaft beschwören, dann ist das erstens richtig und birgt zweitens ein ernstzunehmendes Risiko: Drei Phänomene brauen sich zum perfekten Sturm zusammen.
Der bereits 21. Exporttag von Wirtschaftskammer und Raiffeisen-Landesbank am 25. Juni richtete die Scheinwerfer des öffentlichen Interesses auf die Außenwirtschaft. In der Früh erklärten WK-Präsident Jürgen Mandl und RLB-Vorstand Georg Wilhelmer zahlreichen Journalisten die Außenwirtschaftswelt, tagsüber nutzten 200 exportwillige Unternehmerinnen und Unternehmer die Anwesenheit von 24 Wirtschaftsdelegierten aus ebenso vielen Ländern, um sich über dortige Marktchancen aus erster Hand zu informieren. Mehr als 400 Interessierte besuchten weitere Veranstaltungen wie etwa „Pitching Sessions“, wo neue Exportprodukte vorgestellt wurden. Der abendliche Höhepunkt war die Export-Gala, bei der die diesjährigen Exportpreisträger in vier Kategorien ausgezeichnet wurden.
Wenn einer eine Reise tut…
Ist das ganze Brimborium um ein paar Firmen, die ihre Erzeugnisse außerhalb der Landesgrenzen an den Mann bzw. die Frau bringen, überhaupt gerechtfertigt? Ja, und wie. Zur Verdeutlichung: Mehr als ein Drittel der in Österreich hergestellten Waren und Dienstleistungen wird im Ausland verkauft; dementsprechend hängen mehr als 1,2 Mio. Arbeitsplätze in Österreich an den Erfolgen der Exportwirtschaft, von der damit jeder vierte Steuer-Euro – in Summe erwirtschaften die österreichischen Exporteure und ihre Beschäftigten beeindruckende 30 Mrd. Euro an Steuern und Abgaben pro Jahr – abhängt.
…dann kann er was bezahlen
Und damit nicht genug: Eine bislang noch nicht zitierte IHS-Studie zeigt weitere Vorteile von Firmen auf, die über den Tellerrand hinausschauen. MitarbeiterInnen verdienen in Exportbetrieben deutlich höhere Löhne (im Schnitt +18%) als Beschäftigte in anderen Unternehmen. Exporteure sind auch innovativer beim Schutz unserer Umwelt: Sie investieren im Schnitt um die Hälfte (+48%) mehr in den Klimaschutz als andere Unternehmen. Das macht sich auch in ihrer Krisenfestigkeit bemerkbar: Etwa zehn Prozent der Nicht-Exporteure verlassen pro Jahr den Markt, bei den Grenzgängern sind es nur fünf Prozent.
Braut sich der perfekte Sturm zusammen?
Umso gefährlicher ist eine Trendwende, die sich aktuell in der jahrzehntelangen Erfolgsgeschichte des österreichischen Exportwunders abzeichnet, über dem sich drei Phänomene zum perfekten Sturm zusammenbrauen:
- Die in Österreich dramatisch stärkere und längerdauernde Inflation als im Rest Europas hat zu enormen Lohnerhöhungen in den vergangenen beiden Jahren geführt, die mit weiteren Kostentreibern wie den Energiepreisen eine Explosion der Lohnstückkosten verursacht hat. Einfacher formuliert: Österreich preist sich international aus den Märkten.
- Deutschland, der mit Abstand wichtigste Exportmarkt Österreichs, liegt wirtschaftlich am Boden wie seit Jahrzehnten nicht. Früher hieß es: Wenn die deutsche Wirtschaft einen Schnupfen hat, bekommt die österreichische eine Lungenentzündung. Wie ist das bei einem deutschen Herzinfarkt?
- Der Weltverbesserungswahn der EU treibt die heimische Wirtschaft weiter ins Out: Das Lieferkettengesetz verscheucht internationale Lieferanten, die sich schlicht weigern, die anmaßende EU-Bürokratie hinzunehmen. Sie stellen ihre Lieferungen an EU-Unternehmen lieber ein und verkaufen ihre Produkte an Abnehmer, die weniger kompliziert sind. Damit verteuern sich Zukäufe und letztlich Endpreise für EU-Betriebe weiter.
„Lügen uns in den eigenen Sack!“
Kärnten hat eine Exportquote von knapp 40%. „Der Export ist die Lebensader unserer Wirtschaft, bringt Wertschöpfung ins Land, sichert Arbeitsplätze und sorgt für stabile Einkommen. Wir legen die Axt an den Ast, auf dem wir alle sitzen“, fasst WK-Präsident und WB-Landesobmann Mandl die Dimension der Bedrohung zusammen. Hohe Standortkosten, insbesondere die Energiepreise und Lohnkosten, die Sanktionen gegen Russland, dazu selbstgemachte Erschwernisse durch EU-Regularien wie den CO2-Ausgleichsmechanismus (CBAM): Optimale Rahmenbedingungen sehen anders aus. Und die ersten Einschätzungen für den Export 2024 geben Anlass zur Sorge. Mandl: „Ich höre von deutlichen Rückgängen bei den Exporten und den Importen. Das ist kein gutes Zeichen. Wer glaubt, trotz aller Lohnerhöhungen und Kostensteigerungen unsere Wettbewerbsfähigkeit halten zu können, der lügt sich in den eigenen Sack!“
And the Winner is…
Wie stark die Kärntner Wirtschaft bisher im Export ist, zeigte sich am Dienstagabend bei der diesjährigen Exportgala. In der Kategorie „Großbetriebe“ machte cms electronics gmbh das Rennen. Bei den Mittelbetrieben gewann mechatronic systemtechnik gmbh, unter den Kleinbetrieben wurde Carpet Cleaner Industries CCI GmbH gekürt. Bei den Dienstleistungsbetrieben hatte MEISTERDRUCKE die Nase vorn. Das Kärntner Wirtschaftsmagazin M.U.T. schließt sich den Gratulationen der Wirtschaftskammer und der Raiffeisen Landesbank sehr herzlich an!
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Fotos: Krainz