Viel Wind gibt es derzeit um erneuerbare Energie, manche Skurrilität der Heimatbewahrer inklusive.
Die Volksbefragung zu einem Windkraftverbot in Kärnten, die am 12. Jänner kommenden Jahres auf Antrag der FPÖ und ein paar Versprengter des Team Kärnten durchgeführt wird, wirft ihre Schatten voraus. Die versammelten Sozialpartner haben ihre gemeinsame Position bezogen: Sie sprechen sich gegen Verbote und für Technologieoffenheit aus. Obwohl in der Pressekonferenz von WK, AK, IV und ÖGB das Wort „FPÖ“ gar nicht vorkam, rückte deren Obmann Erwin Angerer umgehend aus. Nicht nur im Inhalt, auch im Stil blieb er der freiheitlichen Vergangenheit treu: Die Wirtschaftskammer würde offensichtlich die Interessen von internationalen Energiekonzernen und Hedgefonds vertreten, anstatt für die Interessen der Bürger Kärntens einzutreten und sich um einen günstigen Strompreis zu bemühen. „Sie werben für Windräder auf unseren Bergen, die den Strompreis weiter nach oben treiben werden.“
Windkraftzonen nur im Nordosten
Diese Auslassungen sind nicht nur ihrer grenzüberschreitenden energiepolitischen Dimension und sprachlichen Holprigkeit wegen spannend, sie offenbaren auch interessante Details zum wirtschaftspolitischen Verständnis des eindeutigen Nationalratswahlsiegers in Kärnten. Denn man kann Windkraftanlagen durchaus skeptisch betrachten aus der Perspektive des Landschaftsbildes, der notwendigen Zufahrtsstraßen und Fundamente, des Tierschutzes oder der Störung von Wild & Wanderern durch den Infraschall der Rotoren. In bester Ivermectin-Tradition – Sie erinnern sich vielleicht an das Pferdeentwurmungsmittel als FPÖ-Geheimwaffe gegen Corona? – soll im Mölltal unter Windkraftgegnern sogar von vermehrten Fehlgeburten und Missbildungen bei Rindern und Schweinen in Ställen in Windradnähe die Rede sein. Nur gut, dass gar niemand vorhat, in Oberkärnten Windräder zu errichten: Die Kärntner Windkraftstandorte dürften sich ausschließlich an der nordöstlichen und östlichen Landesgrenze zur Steiermark konzentrieren. In allen anderen Landesteilen können die Windkraftgegner zum besinnlichen Advent übergehen.
It’s the economy, stupid!
Die Behauptung, Windkraft würde den Strom verteuern, zeugt entweder von politischer Skrupel- oder faktischer Ahnungslosigkeit. Denn das Gegenteil ist wahr: Windräder (an Land) zählen neben Freiflächen-PV zu den anerkannt günstigsten Formen der Energieerzeugung. Auf sie freiwillig zu verzichten, hieße nicht nur, teurere Energieformen zu bevorzugen; es geht auch um die Produktion. Schon beim beliebten Unternehmerführerschein in der Schule lernt man heutzutage, dass ein knappes Angebot bei hoher Nachfrage zu höheren Preisen führt. Genau das passiert in Europa, seitdem das billige Russengas versiegt ist.
Fehlende Windkraft macht Strom teurer
Doch diese standortgefährdende Strompreisrallye hat bei genauerer Betrachtung schon früher begonnen. Den ersten Teuerungsschub löste 2018 die Trennung der gemeinsamen Strompreiszone von Deutschland und Österreich aus. „Laut Österreichischer Energieagentur musste Österreich seit der Strompreiszonentrennung um 3,1 Mrd. Euro mehr für den Strom bezahlen als Deutschland“, schreibt das Webportal der IG Windkraft: „Diese Preisunterschiede kommen zu einem großen Teil durch die geringere Windstrommenge in Österreich zustande. Windräder erzeugen zwei Drittel ihres Stromes im Winterhalbjahr. Deutschland erzeugt anteilsmäßig doppelt so viel Windkraft wie Österreich und kann von den Winterwinden daher auch monetär viel stärker profitieren, während Österreich die sauteuren Gaskraftwerke voll laufen lassen muss. Ein stärkerer Windkraftausbau würde auch in Österreich zu deutlich günstigerem Strom im Winterhalbjahr führen – dann, wenn der Verbrauch auch am höchsten ist.“
„Energiepolitischer Hokuspokus“
Doch Energiexperte Angerer hat andere Pläne: Er habe nichts gegen Windräder, solange sie nicht in Kärnten stehen, feixte er launig bei der ORF-„Streitkultur“. Warum Windkraftanlagen im Burgenland den Strompreis nicht erhöhen, auf der Kärntner Heimatscholle aber schon, erklärte er allerdings nicht. Dabei hätte das auch WK-Präsident Mandl interessiert. Immerhin müsse Kärnten derzeit im Jahr 570 Millionen Euro für Energieimporte aus dem Ausland aufwenden. Mandl: „Das ist deutlich mehr, als uns die Pflege unserer älteren Generation wert ist. Mir ist der Wirtschafts- und Lebensstandort Kärnten bei weitem zu wichtig, um ihn durch parteipolitische Schauermärchen und energiepolitischen Hokuspokus aufs Spiel zu setzen!“
Ermöglicher gesucht, keine Nein-Sager
Die Wirtschaft sei jederzeit dazu bereit, über den Anteil der Windkraft an der notwendigen Energiewende zu reden. Das setze allerdings voraus, dass auf sachlicher Ebene diskutiert und nicht weiter versucht werde, die Menschen mit erfundenen „Horrorszenarien“ hinters Licht zu führen. Mandl: „Herr Angerer soll erklären, wie er eine Verdoppelung des Strombedarfs in Kärnten bis 2040 aus ausschließlich erneuerbaren Energien darstellen will, wenn er jetzt schon die Verbotskeule schwingt. Die Wirtschaft und die Menschen dieses Landes brauchen fortschrittliche Ermöglicher, keine rückwärtsgewandten Nein-Sager.“
Nein zu Verboten!
Einer dieser Ermöglicher ist seit 20 Jahren der Energieexperte Christoph Aste, der als Umweltingenieur mit seiner Firma Aste Energy schon zahllose Wasserkraft-, Biomasse- und Solarprojekte in Kärnten und darüber hinaus umgesetzt hat. Er ist Obmann des Vereins „Naturschutz und Wirtschaft“, der mit der Initiative „Unsere Energie für unser Kärnten“ für einen offenen Technologiemix und gegen plumpe Verbote kämpft. Aste: „Wir setzen uns dafür ein, unsere Energieversorgung selbstbestimmt zu gestalten – im Einklang mit der Natur und zum Wohl unserer Region. Wir lassen uns durch Verbote nicht unsere Energiezukunft verbauen. Deshalb am 12. Jänner Nein zu Verboten, Ja zu einem offenen Energiemix!“
Jetzt die Initiative Energie für Kärnten unterstützen!