Sie entwickeln Sendungsformate, schreiben Drehbücher, führen Regie, bedienen Kameras, komponieren den „Score“ (die Filmmusik), sorgen für den perfekten Ton und atemberaubende Spezialeffekte. Lesen Sie in Teil 2 über die Kärntner Filmschaffenden, wer hier eine Rolle spielt.
In Teil 1 über die Kärntner Filmwirtschaft hat Ihnen das M.U.T.-Magazin zwei zentrale Persönlichkeiten vorgestellt: Klaus Graf, den ungekrönten König der Spielfilmproduktion in Kärnten und Robert Schabus, einen der erfolgreichsten Dokumentarfilmer. In Teil 2 lassen wir jetzt stellvertretend einige der zahlreichen Spezialisten auftreten, die in vielfältiger Weise zum Gelingen nationaler und internationaler Produktionen beitragen. Mit viel Gespür und guten Ideen gestalten sie den globalen Umbruch einer Branche mit, die zunehmend auf Streaming setzt.
Monte Nero: Meister der Spezialeffekte
Katrin und Lukas Schwarzkogler sind eines der Powerpaare des Kärntner Film-Business. Ihr Familienname klingt in fröhlichem Italienisch sehr cool als Firmenname: „Monte Nero Productions“. Seit 2017 gehört man weit über die Kärntner Grenzen hinaus zu den Top-Playern im Bereich der Spezialeffekte im Bewegtbild. Digitale Retusche, 3D-Rendering oder Motion Design heißen die abstrakten Fachbegriffe. Was das kann, beschreibt Lukas Schwarzkogler anhand des aktuellen Spielfilms „Operation White Christmas“ des Kärntners Flo Lackner. Hier hat man etwa Eurofighter ins Bild gezaubert, die tatsächlich nie geflogen sind. Im neuen Film des ebenfalls Kärntners Thomas Woschitz „The Million Dollar Bet“ hat Monte Nero in Las Vegas sogar einen ebenso bedrohlichen wie rein digitalen Sandsturm aufziehen lassen. Meist ist ihre Arbeit aber weit weniger spektakulär. Die Retuschen und digitalen Einbauten von Monte Nero in Netflix-Serien oder im Zürich-Krimi machen die Drehs insgesamt kostengünstiger und effizienter. Ob Bild oder Ton, praktisch alles ist inzwischen hinterher veränderbar.
KI wird immer wichtiger
Serien und Filme sind aber längst nicht das einzige Standbein von Monte Nero. Das fünfköpfige Team kooperiert auch stark mit Werbeagenturen oder gestaltet Wirtschaftsfilme für mittlere und größere Unternehmen. Man sieht sich hier klar im Premiumsegment, so Lukas Schwarzkogler. Künstliche Intelligenz kommt dabei immer stärker in der so genannten Stylefindung zum Einsatz. Mit Tools wie Midjourney, Flux oder Kling kann man den Kunden schnell und kostengünstig zeigen, wie das bewegte Endergebnis später ungefähr aussehen wird.
Aber auch im Ausstellungs- und Eventbereich hat Monte Nero einiges zu bieten. Für die Dauerausstellung „Tor zur Demokratie“ im Klagenfurter Landhaus hat man interaktive und mit dem Handy abrufbare Elemente entworfen. Da erwachen beispielsweise auf Fingertipp historische Persönlichkeiten zum Leben. Für den Digital Summit im Tullner „Haus der Digitalisierung“ hat man die rundum laufenden Projektionswände spektakulär in 22k-Auflösung (!) bespielt. Selbst die besten herkömmlichen Großbildfernseher schaffen gerade mal 8k.
„Wir sind Idealisten. Wir machen nichts vom Band. Wir probieren es nie auf die leichte Art. Wir tun alles, um unsere Kunden glücklich zu machen“, fasst Schwarzkogler das Erfolgsgeheimnis von Monte Nero zusammen. Das macht sich bezahlt: Viele langjährige Partner kommen immer wieder. Allein schon die Mundpropaganda sorgt für volle Auftragsbücher.
Schwarzkogler ist froh, dass er sich auf das Kreative konzentrieren kann und sich seine Frau Katrin um das Organisatorische und Finanzielle kümmert. Er kann sich noch gut erinnern, wie viel Stress ihm letzteres in seinem früheren Unternehmen „Airborn Motion Pictures“ bereitet hat. Disruptive Veränderungen fordern seinen kreativen Kopf heraus. Die getrübten Beziehungen zu den USA sollten von Europa als Chance gesehen werden, seine digitale Zukunft stärker selbst in die Hand zu nehmen, denkt er auch weit über den eigenen Tellerrand hinaus.
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5 Elements Film am Sprung ins Streaming
Christian Rieder hat sich mit 16 Jahren seine erste Kamera gekauft: „Von da an war mein berufliches Schicksal besiegelt.“ Den Professoren, die ihn die HTL für Tiefbau abschließen ließen, musste er in die Hand versprechen, dass er den erlernten Beruf niemals ausüben würde, kommentiert er es heute lachend. Nach wenigen Stationen als fix Angestellter landete er bald in der Selbständigkeit. Er drehte für Fernsehsender wie ORF, RTL, ZDF oder Pro7, darunter viel Live-Kamera in Fußball, Ski, Rallye, DTM (Deutsche Tourenwagen Meisterschaft, Anm.) aber auch Eishockey: „Eishockey ist eine Gaude, weil alles so schnell geht.“
2015 lernte er dann seine deutsche Frau Jana Thiele kennen, die aus der Fernseh- und Filmproduktion kommt. Von da an und mit der Gründung ihres gemeinsamen Unternehmens „Five Elements Films“ im Jahr 2015 machten sie einen Riesensprung nach vorne. Noch haben sie kein Remake des berühmten Science-Fiction-Klassikers „Das 5. Element“ von Luc Besson gedreht. Aber inzwischen sind es schon sieben Angestellte für Redaktion, Schnitt, Kameraassistenz etc. und gestalten aufwändige Dokus: Porträts über Mensch und Natur, Land und Leute für Servus TV, aber auch kürzere Fußballer-Porträts für Sky. Derzeit haben Produktionen für das lineare Fernsehen einen Anteil von 70 Prozent am Geschäft. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern. „Wenn wir im Sommer junge Praktikanten haben, dann sehen wir, dass die gar nicht mehr fernsehen“, wird Christian Rieder nachdenklich. Streaming ist angesagt, und da muss man seine Projekte selbst entwickeln. Eine Dokuserie ist schon in der Pipeline. Mittelfristiges Ziel ist außerdem der erste Spielfilm, gibt sich Rieder hoffnungsvoll.
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Jaqueline Rauter: Autorin und Regisseurin
Jaqueline Rauters Herz schlägt für den Spielfilm, wie sie sofort klarstellt. Ihre Stärken sieht sie als Autorin und Regisseurin. Aber gemacht hat sie so ziemlich alles außer der Kamera bei ihrem ersten kurzen Spielfilm „Armenia“, für den sie einen beachtlichen Cast von DarstellerInnen gewinnen konnte. Es geht um eine Bäuerin, die nach dem Tod ihres Mannes in feministischer Selbstermächtigung ihr bisheriges Leben völlig auf den Kopf stellt. Gedreht wurde im Sommer 2021 mit auch in Kärnten bekannten Schauspielerinnen wie Katrin Ackerl oder Sabine Kristof-Kranzelbinder.
Beim nächsten Projekt, einer Doku über das Trachten-Modelabel „Rettl“, hatte sie auch schon einen eigenen Cutter. Low Budget war das Produkt allerdings immer noch. Inzwischen hat sie in der Branche richtig Fuß gefasst. Heuer stehen noch zwei große (Halb-)Dokumentationen an, in denen sie für Regie und auch als Autorin verantwortlich zeichnet. Einmal mit dem bekannten Kärntner Dokumentarfilmer Gernot Stadler über königliche Paläste und Gärten in England und eine weitere mit dem ebenfalls Kärntner, aber Naturfilmer Mario Kreuzer. Und dann hat sie ja noch ein fertiges Konzept für eine Komödie in Spielfilmlänge in der Schublade. Mit der ihr eigenen Hartnäckigkeit wird sie auch das umsetzen.
Ihre Eltern hatten ihr einst nur eine Lehre zur Bürokauffrau zugetraut. Sie beendete ihre Bildungslaufbahn mit einem Doktorat und unterrichtet heute selbst Studierende der Medienkommunikation an der Uni Klagenfurt im Bereich Filmpraxis. Sie lektoriert und textet außerdem in unterschiedlichsten Bereichen.
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Tonkünstler 1: Komponist Manfred Plessl
Filmkomponisten und Musiker vom Range eines Manfred Plessl findet man normalerweise nicht so fernab der großen Zentren des Business. Der Klagenfurter geht derzeit fast in Aufträgen unter: Zwei Krimis für Servus TV mit – wie er es nennt – Film-Noir-Feeling, die Sportdoku „Downhill“ mit dem Pörtschacher Gerald Salmina, eine Universum-Folge mit dem Naturfilmer Mario Kreuzer, schließlich eine „Bergwelten“-Folge mit Otmar Penker. Die Anforderungen an den Filmkomponisten sind also allein schon wegen der sehr unterschiedlichen Formate groß.
Dabei hat Plessls Karriere ganz anders begonnen. Er hat Komposition und Violine am Konservatorium in Klagenfurt studiert und später Kammermusik in Madrid bei Günter Pichler vom berühmten Alban Berg (Streich-)Quartett. Fünf Jahre war er dann beim Acies Quartett als Bratschist engagiert. In diese Zeit fallen auch seine Auszeichnungen mit dem „Gradus ad Parnassum“ Preis (2006) und als „Ö1 Künstler des Jahres“ (2007).
Plessl in Hollywood
Dann wurde ihm die Klassikwelt zu eng. Er wandte sich der Filmmusik zu und assistierte dem prominenten Holländer Tom Holkenborg alias „Junkie XL“ in Hollywood, um sicherzustellen, dass sein Knowhow und Studiosetup passen. Seitdem hat er sich in der Branche einen Namen gemacht. Filmmusik sei eine Budgetfrage, meint Plessl. Je kleiner das Budget, desto größer der digitale Anteil, je größer das Budget, desto mehr echte Musiker kämen zum Einsatz. Plessl ist inzwischen Teil eines riesigen Netzwerkes, auf das er nach Bedarf zugreifen kann. Regionale Aspekte spielen dabei weniger eine Rolle als spezifische Sounds. Wenn er also ein armenisches Duduk (Blasinstrument mit großem Doppelrohrblatt) brauche, dann wisse er, wen er kontaktieren müsse.
Als Musiker tritt er inzwischen sehr crossover auf. Am häufigsten in der Band Manjana, in der die Kärntner Multiinstrumentalistin (vor allem Cellistin) und Sängerin Jana Thomaschütz und er selbst Fixsterne sind. Alle anderen sind sozusagen verhandelbar. Für das nächste Jahr steht schon wieder ein großes Kinofilmprojekt im Kalender. Genaueres will und darf Manfred Plessl dazu noch nicht verraten.
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Tonkünstler 2: Techniker Bertram Knappitsch
Wir erreichen Bertram Knappitsch telefonisch bei Dreharbeiten in Wien, wo er zusammen mit Klaus Kellermann unter der Regie von Harald Sicheritz gerade für den Ton in einem Biopic über den jungen Bruno Kreisky zuständig ist. Er ist über die Musik in die Tontechnik gerutscht. Als Gitarrist in seiner ersten Band hat er hier Ende der 90er Jahre viel von seinem ersten tontechnischen Lehrer Stefan Schweiger, dem heutigen Intendanten des Festivals „Trigonale“ für alte Musik, gelernt. Sein Studium der Medienkommunikation in Klagenfurt hat er dann aber schon mit einer Diplomarbeit über Filmmusik beendet.
Danach hat er u.a. viel Alte Musik für den Klassiksender Ö1 aufgenommen, ehe er sich 2007 mit Sack und Pack aufmachte und mit seiner Frau nach Belfast übersiedelte. Dort hat er seinen Master im weltweit einzigartigen Studium „Sonic Arts“ absolviert. Den frischen internationalen Wind brachte er mit nach Kärnten. Es folgten Dokus fürs Fernsehen („Der Geschmack Europas“ mit Lojze Wieser oder „Bauer unser“ mit Robert Schabus). In besonders guter Erinnerung ist ihm noch der von Graf Film produzierte Spielfilm der Kärntnerin Leni Lautitsch „Rubicon“, für dessen Ton er gemeinsam mit Andi Frei einen österreichischen Filmpreis gewann.
Kinder machen Kino
Für kleinere Produktionen greift Knappitsch natürlich auch immer wieder mal selbst zur Kamera und setzt sich an den Schneidetisch. Das gilt auch für sein Herzensprojekt „Kinder machen Kino“, in das der selbst dreifache Vater seit 2018 Geld und Freizeit investiert. Die Premiere hat er komplett selbst gestemmt, seither gab es immer wieder Förderungen von Land, Architekturhaus oder Stadt Villach. Die Ideen und der Plot kommen komplett von den Kindern, bei Kamera und Postproduktion sind die Erwachsenen gefordert. Auch Filmmusikkomponist Manfred Plessl hat sich da uneigennützig beteiligt. Mit ihm und Multiinstrumentalistin Jana Thomaschütz macht Knappitsch übrigens wieder selbst Musik. Knappitsch ist außerdem mit Begeisterung Lehrer. Hilfe und Knowhow, die er empfangen hat, möchte er weitergeben. Deshalb unterrichtet auch er als Absolvent mit erfolgreicher Berufslaufbahn gerne an der Medienkommunikation der Uni Klagenfurt.
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Klappe
Fernab der großen Zentren der Filmwirtschaft ist es doppelt schwer, sich durchzusetzen. Kärntner Kreative schaffen es dennoch, im anschwellenden Strom dieser Unterhaltungsindustrie nicht nur mitzuschwimmen, sondern auch Akzente zu setzen. Das gut etablierte regionale Netzwerk erleichtert ihnen das berufliche Fortkommen. Klappe und Drehschluss!