Die ersten Schritte in die Arbeitswelt sind oft eine Herausforderung – für junge Berufseinsteiger genauso wie für Unternehmen. Während die Generation Z für ihre hohen Ansprüche kritisiert wird, betrachtet René Rassnitzer, Geschäftsführer von PriorIT in Pörtschach, das Thema aus der anderen Richtung. Ein Gespräch über Onboarding, Erwartungen und den richtigen Umgang mit einer neuen Generation am Jobmarkt.
M.U.T.: Herr Rassnitzer, Sie führen seit zwanzig Jahren ihr eigenes IT-Unternehmen. Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Job? Wie wurden Sie damals eingearbeitet? Hat Sie jemand begleitet oder mussten Sie einfach funktionieren?
René Rassnitzer: Ich erinnere mich sehr gut. Das war in den 1990er-Jahren. Damals war es wirklich noch ein Arbeitgebermarkt und kein Arbeitnehmermarkt. Ich hatte das Glück, bei einem renommierten Softwarehersteller in der Region einzusteigen. In den ersten zwei Wochen bin ich angelernt worden. Konkret hat das bedeutet: Selbststudium. Mein Projektleiter und das Team waren in Frankfurt bei einem großen Kunden, ich saß hier komplett allein – mit ein paar CD-ROMs als Schulungsmaterial. Zwei Wochen lang kein Kontakt, keine Anleitung. Dann flog ich nach Frankfurt, musste selbst herausfinden, wer überhaupt zu meinem Team gehörte. Das war keine schöne Erfahrung, aber es hat mich auch weitergebracht.
Sie gehen in Ihrer Firma einen anderen Weg. Wie sieht das konkret aus?
Ich würde es gar nicht mit damals vergleichen. Gesellschaftliche Standards verändern sich, und was früher normal war, ist es heute zum Glück nicht mehr. Wir versuchen, Berufseinsteigern schon im Bewerbungsprozess die Angst zu nehmen. Deshalb bin ich – wenn es sich ausgeht – bei Bewerbungsgesprächen dabei. Es geht mir aber nicht nur um Fachwissen, sondern darum, ob jemand zu unseren Werten passt. Die fachliche Bewertung überlasse ich meinen Experten. Mir geht es um den Menschen: Würde ich mich auf einer fünfstündigen Autofahrt neben ihm wohlfühlen?
Wenn es um Berufseinsteiger geht, reden wir über die Generation Z. Warum sorgt diese Generation für so viel Diskussion? Warum polarisiert sie dermaßen?
Eigentlich bin ich ein Fan dieser Generation. Denn die Gen Z lebt genau das, was wir uns immer gewünscht haben: Sie sind frei, selbstbewusst und haben diese klassische 9-to-5-Mentalität abgelegt. Sie leben nicht mehr nur für die Arbeit – und das finde ich gut. Unsere Generation hat sich das doch immer gewünscht. Natürlich bringt das auch Herausforderungen mit sich – besonders für Arbeitgeber. Aber die sind nicht unlösbar. Wichtig ist nur, dass man als Unternehmen nicht ins andere Extrem verfällt. Man muss nicht jede Forderung bedingungslos umsetzen und sich „ausziehen lassen“, wie man so schön sagt. Man muss nicht allem zustimmen.
Was braucht es, um mit der Gen Z gut zusammen zu arbeiten?
Ich glaube, sie brauchen klare Regelwerke. Man muss die wichtigen Themen auf Augenhöhe aushandeln, aber gleichzeitig liegt es schon am Arbeitgeber, zu definieren, in welchem Umfang diese neue Generation reinwachsen soll. Und da habe ich noch nie erlebt, dass das nicht angenommen wird. Junge Mitarbeiter schätzen klare Regeln, weil sie oft keine bekommen.
Und was sollten Berufseinsteiger aus der Gen Z für die Arbeitswelt mitbringen?
Vor allem eines: die Fähigkeit, sich für irgendetwas zu begeistern – ob für die Arbeit oder etwas anderes ist erst einmal egal. Natürlich braucht es auch Fachkompetenz. Aber die kann man schneller lernen als man glaubt. Aber wenn dieses Brennen für etwas nicht da ist, dann wird es überhaupt im Leben schwer.
Große Unternehmen investieren oft in aufwändige Onboarding-Programme. Halten diese aus Ihrer Sicht, was sie versprechen? Oder macht man das einfach, weil es dazugehört?
Ein wirklich gutes Onboarding erfordert mehr, als nur ein Programm abzuspulen. Was häufig zu kurz kommt, ist die kritische Reflexion danach: Wie hat der neue Mitarbeiter den Prozess erlebt? Was lief gut, was könnte besser sein? Wichtig ist, dass das Onboarding laufend hinterfragt und weiterentwickelt wird.
Ich habe schon von Ihrem „Random Coffee“ als Teil des Onboarding gehört. Was hat es damit auf sich?
Das Konzept hat unser HR-Leiter eingeführt, um den Austausch zwischen den Teams zu stärken. Wir arbeiten in Projektteams, die sehr unabhängig voneinander sind. Beim „Random Coffee“ wird jede Woche ein neuer Mitarbeiter mit einem Kollegen aus einem anderen Bereich zusammengebracht. Die beiden gehen dann gemeinsam auf einen Kaffee. Das kommt bei allen sehr gut an.
Ein ganz anderes Thema: Ein Drittel Ihres Teams sind Frauen – das ist in der IT-Branche nicht selbstverständlich. Warum ist Ihnen das wichtig?
Ich erinnere mich noch gut daran, als wir unsere erste Kollegin eingestellt haben. Damals war das noch eine klassische „Technikerbude“ – und in HTLs gab es kaum Frauen. Warum es uns wichtig ist? Es verändert einfach alles. Die Dynamik, die Perspektiven, die Art, wie man zusammenarbeitet. Frauen sehen manche Dinge anders, und das bereichert uns enorm. Ich bin wirklich stolz darauf, dass wir in der IT einen Frauenanteil von 30 Prozent haben. Das schaffen nicht viele.
Warum ist der Frauenanteil in der IT-Branche so niedrig? Was müsste sich ändern?
Das fängt oft schon in der Kindheit an – wenn Mädchen von ihrer Umgebung hören: „Mathe ist nichts für dich“ oder „In der IT hast du nichts zu suchen“. Und das ist wirklich schade, denn dadurch gehen uns viele Talente verloren. Ich kenne das selbst: In der Schule war ich kein Überflieger. Aber ich wollte unbedingt in die IT – damals wurde das noch belächelt. Deshalb weiß ich, wie sehr solche Vorurteile prägen können. Ich glaube, man muss Kindern und jungen Menschen mehr zutrauen. Das fehlt leider oft.
Um nochmal abschließend auf das Thema Berufseinsteiger zurück zu kommen: Was müsste sich in Unternehmen ändern, damit neue Mitarbeiter besser ankommen?
Vielleicht diese grundsätzliche Abwehrhaltung gegenüber der Gen Z. Wenn jemand in einem Betrieb anfängt und die Kollegen haben schon diese Haltung: „Ah, ihr wollt eh nicht arbeiten“. Das merkt dieser Mensch ja. Und wenn jemand sagt: Ich möchte nur dreißig Stunden arbeiten, weil ich daneben noch studieren will, sollte man es sich zumindest überlegen. Natürlich gibt es Grenzen. Aber statt sofort „Nein“ zu sagen, sollte man ins Gespräch kommen: Was brauchst du? Was brauchen wir? Wo finden wir eine gemeinsame Lösung? Gleichzeitig müssen auch junge Mitarbeiter realistische Erwartungen haben.