Der große Klimaschwindel

Der „2. Österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel“ will uns weismachen, dass die forcierte Reduktion von Treibhausgasen in der Alpenrepublik die negativen Folgen durch Klimaschäden minimieren könnte.

Um es gleich vorwegzunehmen: Der Autor dieser Zeilen ist kein „Klimaleugner“. Er ist also sehr wohl der Meinung, dass die nach wie vor zu starke Emission von Treibhausgasen zum weiteren Temperaturanstieg in der Atmosphäre führen wird – inklusive aller negativen Folgen wie Dürreperioden, Extremwetterereignisse und dadurch bewirkte „Klimamigration“ übrigens. Dass diverse Wissenschaftler und Grünpolitiker uns aber seit vielen Jahren weismachen wollen, das „Klima-Match“ werde in Österreich entschieden, kann doch wohl nicht ernst gemeint sein. Im aktuellen „2. Österreichischen Sachstandsbericht zum Klimawandel“ wird erneut vereinfacht behauptet, man müsse nur bis 2040 die Emission von Treibhausgasen auf Null reduzieren, schon werde man sich einen großen Teil der Klimaschäden ersparen.

Schäden durch Extremwetter

Und tatsächlich wird außer den üblichen Verschwörungstheoretikern wohl niemand die Prognose der Klimaforschung leugnen wollen, dass Österreich besonders hart vom Klimawandel betroffen sei. Wer erinnert sich nicht an die katastrophalen Überschwemmungen im September 2024 in Niederösterreich oder im Jahr davor in Kärnten! Schon heute verursachen Extremwetter-Ereignisse hierzulande laut besagtem Bericht durchschnittliche Schäden von zwei Mrd. Euro pro Jahr. Bis 2030 könnte dieser Wert auf 2,5 bis 5,2 Mrd. Euro steigen. Aber welche Schlüsse zieht der Bericht daraus? Auf lange Sicht seien vorsorgender Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen deutlich kostengünstiger, als im Nachhinein für Schäden in Milliardenhöhe aufzukommen. Ernsthaft?

Österreich: Mini-Emittent von CO2

Die EU hat für das Jahr 2023 einen internationalen Vergleich der Treibhausgasemissionen veröffentlicht. Der weist Österreich innerhalb Europas auf Rang 10 aus: 73 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente (wie das korrekt formuliert heißt)! Klingt nach viel, relativiert sich aber rasch gegenüber den 682 Mio. Tonnen von Deutschland oder gar den fast 16 Mrd. Tonnen Chinas sowie den fast sechs Mrd. Tonnen der USA. Seit Jahrzehnten ist also klar, dass das Match gegen den Klimawandel weltweit gewonnen werden muss. Als – nach internationalen Maßstäben gemessen – Mini-Emittent in Form von klar definierten Klimazielen solidarisch dazu beizutragen, ist also jedenfalls eine gute Idee, die auch vom Großteil der politischen Kräfte in Österreich mitgetragen wird.

Der große Klimaschwindel
Selbst innerhalb Europas gehört Österreich zu den kleineren Emittenten von Treibhausgasen. Grafik: Gilbert Waldner

Emissionen haben kein „Mascherl“

Wie zäh das Ringen um diese Klimaziele auf internationaler Ebene läuft, können wir an den Minimalkompromissen der jährlich stattfindenden Klimakonferenzen ablesen. Wenn heimische Klimaforscher daher behaupten, unsere Klimamaßnahmen würden entscheidend zur Abwehr von Klimaschäden im Land beitragen, dann ist das mindestens blauäugig, wenn nicht sogar bewusste Täuschung. Bekanntlich haben die Treibhausgase in der Atmosphäre ja kein „Mascherl“. Was in USA oder China emittiert wird, hat genauso Auswirkungen auf Österreich wie das hierzulande erzeugte. Und zwar entsprechend den vorhin vorgestellten Mengengerüsten. Man könnte es also auch einfach so auf den Punkt bringen: Wenn sich „CO2-Großmächte“ wie USA oder China nicht anstrengen, dann ist das Bisschen, was wir emittieren, von geradezu marginaler Bedeutung für die globale Klimaerwärmung. Die Klimaforscher mögen also endlich aufhören, uns vorzumachen, allein die Reduktion von österreichischen Treibhausgasen hätte entscheidenden Einfluss auf österreichische Klimaschäden.

Ungeschickte Energiepolitik

Es ist vielmehr so, dass Österreichs ungeschickte scheinökologische Energiepolitik viel massivere ökonomische Schäden verursacht hat, als das der Klimawandel könnte. Allein im Jahr 2024 ging die heimische Industrieproduktion um 6,2 Prozent (Quelle: WKO) gegenüber dem Vorjahr zurück. Sie wird verlagert, Investitionen werden aufgeschoben, das Vertrauen in den Standort schwindet. Energiepreise und Inflation durch die Decke schießen zu lassen, war doppelt schädlich. Die energieintensive Industrie kann wegen der nach wie vor zu hohen Energiekosten international nicht mehr mithalten und die im Europavergleich nach wie vor Rekordinflation hat Lohnrunden bewirkt, die sich viele Betriebe nicht mehr leisten können. Die dadurch ausgelöste Insolvenzwelle gleicht immer mehr einem Tsunami. Das Zurückrudern wird mühsam und langwierig und mutmaßlich von einem weiteren Rückgang der Industrieproduktion begleitet werden. Damit untergraben wir das zentrale Fundament unseres Wohlstandes. Wie sollen wir uns dann noch die teuren Klimaschutzmaßnahmen leisten?

Doppelmühle

Ist es nicht vielmehr endlich Zeit, den Tatsachen ins Auge zu blicken? Wie schon erklärt, macht Klimaschutz nur im internationalen Gleichklang Sinn. Einseitig seine Wettbewerbsfähigkeit über Bord zu werfen und damit massiven Wohlstandsverlust in Kauf zu nehmen, wird uns auch klimatechnisch nicht retten. Es könnte sogar so sein, dass wir uns damit in einer Art Doppelmühle zwischen Wohlstandsverlust UND explodierenden Klimaschäden wiederfinden! Es braucht dringend eine ideologiefreie Neuausrichtung der heimischen Klimapolitik. Agieren wir daher klimaschutzregulatorisch lieber im internationalen Gleichklang!

Müssen wir unbedingt päpstlicher als der Papst schon 2040 klimaneutral sein, wenn sich die EU deutlich mehr Zeit lässt? Das Umfeld verändert sich durch die politischen Umwälzungen der letzten Monate ohnehin massiv. Die USA haben sich etwa längst aus dem globalen Klimaschutz ausgeklinkt. China baut zwar sehr engagiert Erneuerbare Energieträger aus, setzt aber in wesentlichen Bereichen von Industrie und Wirtschaft nach wie vor voll auf die Fossilen. Sogar die EU hat begonnen, in vielen Bereichen ihr Umweltvorzeigeprojekt Green Deal in Frage zu stellen bzw. abzuschwächen. Zunächst vor allem dort, wo er Bürokratiemonster wie das Lieferkettengesetz, die Nachhaltigkeitsberichterstattung oder die Taxonomie-Verordnung betrifft. Dabei wird es wohl nicht bleiben.

Technische Lösungen

Vor diesem Hintergrund gewinnt ein anderer Aspekt des Kampfes gegen die Klimaschäden deutlich an Gewicht: systemische technische Strategien der Vorbeugung, die beispielhaft folgende Bereiche umfassen:

  • Bessere Frühwarnsysteme
  • Solidarische Versicherungssysteme, die die Belastungen für individuell Betroffene minimieren.
  • Änderung in Raum- und Bauordnung (rote Zonen erweitern, Rückhaltebecken, ökologische Kühlsysteme, Begrünung in Städten, Renaturierung von Flussläufen, weniger versiegelte Flächen etc.)
  • Verkehrsinfrastruktur wie Straßen oder Bahnlinien (monatelang waren etwa die neuen Abschnitte der Westbahn wegen der fehlgeplanten Unterflurtrassen außer Betrieb)
  • Hitzeresistentere Pflanzen (z.B. neue Baumsorten)
  • Wasserversorgung!

Mag sein, dass hier schon an etlichen Stellen Knowhow vorhanden ist und gesetzlich eingegriffen wurde, systemisch durchdacht oder in eine priorisierende Handlungsstrategie gegossen ist es jedenfalls nicht. Noch wiegen wir uns zu sehr in der vermeintlichen Sicherheit des altbekannten Florianiprinzips (frei übersetzt: Mich wird es hoffentlich wohl nicht treffen). Hinter solcher Ignoranz stecken aber natürlich auch handfeste ökonomische Interessen. Eine ehrlich revidierte Karte der für Extremwetterereignisse anfälligen Zonen würde etwa den heimischen Immobilienmarkt ordentlich durcheinanderwirbeln. So manche bilanzielle Aktiva würden sich buchstäblich blitzschnell in Gewitterluft auflösen. Etliche Betriebe sähen sich mit explodierenden Versicherungskosten konfrontiert. Den Kopf in den Sand zu stecken, ist dennoch kein Ausweg. Hier braucht es einen sauberen Übergang, der die Risiken und Folgen des Klimawandels in unserer ökosozialen Marktwirtschaft abfedert. Das wird – realistisch betrachtet – am Ende des Tages mehr bringen, als auf positive Wirkungen nur in Österreich radikal sinkender CO2-Emissionen zu hoffen.

M.U.T.letter

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