Die Energiewende ist kein politisch formuliertes Ziel und schon gar kein Thema, mit dem politisches Kleingeld getauscht wird. Die Energiewende in Kärnten ist eine riesige Chance für die Wirtschaftskraft und den Wohlstand des ganzen Landes. Leider wird das Thema derzeit „missbraucht“ und inhaltlich falsch dargestellt. Deshalb haben wir uns im Gespräch mit Christoph Aste, Obmann des „Forum Naturschutz und Wirtschaft Kärnten“, auf die Suche nach fundierten Antworten gemacht.
M.U.T.: Warum ist die Energiewende für Kärnten so wichtig?
Christoph Aste: Kärnten importiert jährlich fossile Energieträger im Wert von rund 590 Millionen Euro. Das ist Geld, das ins Ausland abfließt. Trotz 100 Prozent Strom aus erneuerbarer Energie (jahresbilanziell) ist die Wärmeversorgung noch stark von fossilen Energieträgern abhängig. Vor allem im Winter klafft eine Lücke zwischen Energiebedarf und erneuerbarer Energieproduktion, die durch teure Importe geschlossen wird. Der Umstieg auf einen ausgewogenen Mix aus Wasser-, Solar- und Windenergie sowie Biomasse und Wasserstoff ist entscheidend, um diese Abhängigkeit zu verringern.
Welche erneuerbaren Energien spielen dabei eine Rolle?
Ein regionaler Energiemix ist entscheidend:
- Sonnenenergie: Steht vor allem im Sommer zur Verfügung.
- Wasserkraft: liefert die meiste Energie im Frühjahr und Herbst.
- Windkraft: Besonders stabil im Winter, wenn andere Quellen schwächeln.
- Biomasse und Wasserstoff: ergänzen den Mix und sichern die Versorgung.
Ziel ist eine ganzjährige Versorgung aus regionalen Quellen und damit Unabhängigkeit!
Warum braucht es dafür auch Windkraft?
Windkraft ist eine wichtige Säule der Energiewende in Kärnten. Im Herbst 2024 hat die Kärntner Industrie in einer Studie aufgezeigt, dass sich der Strombedarf der sehr energieintensiven Kärntner Industrie bis 2040 verdoppeln wird. Gründe dafür sind die fortschreitende Dekarbonisierung in der Industrie und die Umstellung der Mobilität im Straßenverkehr. In den nächsten zehn Jahren könnten an ausgewählten Standorten 80 bis 100 Windkraftanlagen errichtet werden, die mehr als 250.000 Haushalte mit Strom versorgen.
Windkraft hat viele Vorteile:
- Sie ist CO₂-neutral und reduziert jährlich Millionen Tonnen Treibhausgase.
- Eine Anlage liefert während ihrer Lebensdauer 37-mal mehr Energie, als für ihre Herstellung und ihren Betrieb benötigt wird.
- 99 Prozent der Fläche eines Windparks bleiben landwirtschaftlich nutzbar.
Fakt: Eine einzige Windkraftanlage spart pro Jahr 6,8 Millionen Kilogramm CO₂ ein.
Wie steht es um die Akzeptanz der Windenergie?
Windkraftanlagen werden nicht in Naturschutzgebieten oder Biosphärenparks errichtet. Die Planung erfolgt in Abstimmung mit Bürgern, Gemeinden und Behörden, um ökologisch und ökonomisch sinnvolle Standorte zu sichern. Zudem hat die Hochwasserkatastrophe in Niederösterreich gezeigt, wie wichtig Windkraft in Krisenzeiten sein kann: Während der Unwetter im Jahr 2024 lieferten Windkraftanlagen bis zu 60 Prozent des österreichischen Strombedarfs. Auch wenn das von verschiedenen politischen Parteien anders behauptet wird: In Kärnten produzieren derzeit 14 Windkraftanlagen Strom, weitere 32 sind bereits bewilligt oder im Einspruchsverfahren. Maximal 50 weitere Windkraftanlagen sollen dazukommen.
Wo sollen neue Windkraftanlagen aufgestellt werden?
Unter Berücksichtigung der entsprechenden Rahmenbedingungen und mit größtmöglicher Sensibilität für den Naturraum wurde dafür eine „Zonierung“ vorgenommen: Der Zonierungsplan basiert auf einer strategischen Umweltprüfung für die ausgewiesenen Gebiete, die sich über sieben Kärntner Gemeinden erstrecken. Diese werden vom Land Kärnten bis Ende des Jahres geprüft, danach sollen die künftigen „Windkraftzonen“ per Verordnung festgelegt werden. Alle diese Gebiete liegen im Nordosten des Landes an der Grenze zur Steiermark, keines davon, wie von Windkraftgegnern befürchtet, in Oberkärnten. Konkret handelt es sich um Zonen für Windkraftanlagen in den Gemeinden Metnitz, Friesach, Hüttenberg, Reichenfels, Preitenegg, St. Georgen im Lavanttal und Lavamünd. In allen anderen 125 Kärntner Gemeinden sollen keine Windparks errichtet werden.
Warum genau in diesen Gegenden?
Speziell in diesen Gemeinden befinden sie zahlreiche energieintensive Betriebe, die viele Arbeitsplätze schaffen, aber keine nennenswerte Stromproduktion vorfinden. Deshalb ist es doppelt sinnvoll, dass dort die Windkraftanlagen entstehen um auch die Energiewege kurz zu halten und so die Versorgung der Betriebe zu begünstigen.
Wie nachhaltig sind erneuerbare Energien?
Ein häufiges Missverständnis: Der Bau der Anlagen verschlingt mehr Energie als sie liefern. Tatsächlich produzieren Windkraftanlagen innerhalb eines Jahres die Energie, die zu ihrer Herstellung benötigt wurde. Auch Wasserkraft und Sonnenenergie sind effizient und liefern über Jahrzehnte sauberen Strom.
Die Energiewende bringt auch wirtschaftliche Vorteile:
- Regionale Wertschöpfung: Bei Planung, Bau und Wartung entstehen Arbeitsplätze.
- Kostensenkung: Erneuerbare Energien senken langfristig die Energiekosten.
Worin liegen die Herausforderungen?
Ein zentrales Thema ist die saisonale Verfügbarkeit. Im Winter sinkt die Produktion von Solar- und Wasserkraft drastisch, während der Energiebedarf steigt. Speichertechnologien wie Batterien und Pumpspeicherkraftwerke können helfen, sind aber keine alleinige Lösung. Entscheidend ist daher ein Mix aus verschiedenen Energieträgern.
Ist Kärnten bei der Energiewende auf dem richtigen Weg?
Kärnten bezieht bereits (bilanziell) 100 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energiequellen, aber die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern bei Wärme und Verkehr bleibt eine Herausforderung. Der Ausbau erneuerbarer Energien wie Windkraft, ergänzt durch innovative Technologien, bringt Kärnten auf den Weg zur Energieunabhängigkeit und Klimaneutralität. Ein Umstand, der auch von der Wirtschaft unterstützt wird. WK-Präsident Jürgen Mandl sieht sich in seinem „kategorischen Nein zu politischen Verboten“ bestätigt. Er lobt den Vorschlag des Landes als „umsichtig“, so könnten die Vorgaben des Erneuerbare-Energien-Gesetzes eingehalten „und die Energiewende für Kärnten umgesetzt werden“. Die Wirtschaft brauche eine unabhängige, kostengünstige und erneuerbare Energieversorgung.
Zusammenfassung im „Bierdeckelformat“
Die Energiewende in Kärnten ist mehr als ein ökologisches Projekt – sie ist ein ökonomischer Hebel. Investitionen in erneuerbare Energien schaffen Arbeitsplätze, stärken die regionale Wirtschaft und machen Kärnten unabhängiger von fossilen Importen.
Eine ausführliche Zusammenstellung der wichtigsten Argumente für ein klares NEIN zum Windkraftverbot finden Sie hier.